Adventskalender MiniKrimi am 21. Dezember


Und heute wieder ein Krimi von der wunderbaren Dagmar T.! Danke. Aber Vorsicht. Ich habe tatsächlich Gänsehaut bekommen.

Bussi von der Weihnachtsfrau

Das war nun schon die 20. Weihnachtsfeier in dieser Woche, in der sie als Weihnachtsfrau die Stimmung rockte. 

Diese Veranstaltungen hatten nichts mit beschaulicher Weihnacht zu tun und auch so gar nichts mit Friede und Freude… nun ja, nicht für Alle jedenfalls. Für sie waren sie ein mäßig bezahlter Job. Jede Feier glich der anderen. Immer die gleiche Leier, die gleiche Feier, bei der sich meist Männer die Kante gaben. Ja, es gab auch die eine oder andere Frau, die nichts anbrennen ließ; aber das war nicht ihre Abteilung. Sie befasste sich mit der holden Männlichkeit. Da wurde mal hier, mal da geflirtet, geschäkert, und es wurden Küsschen verteilt, rein geschäftlich angemutet, versteht sich.

So manchER überzog aber die unverbindliche Weihnachtsstimmungs-Beschwingtheit und setzte mit Riesenschritten zum Sprung an… zum Seitensprung.

Zuerst erzählte man(n) von einem ausgefüllten Berufsleben, von Karrierechancen, von kostspieligen Hobbys, die man sich leisten konnte, ja durchaus, dann von Frau und Kindern… und irgendwann wurde es dann vertraulicher, schließlich intimer, eine Verabredung wurde ausgemacht, eine Visitenkarte mit Handynummer eingesteckt, ein Anruf avisiert. Man(n) würde noch Überstunden schieben müssen, war ja klar, wegen der Tage zwischen den Jahren, das würde die Gemahlin schon glauben, war sie doch schon so gewohnt. Ja, man(n) freue sich auf das Treffen, mit ihr, geheim… und feierlich!

Alles in Allem hatte sie heuer 13 Verehrer-Dates. Würde wieder anstrengend sein.

Ihr kleinkalibriger „Herzensbrecher“ war bereits aus der geheimen Kiste im Gartenversteck geholt und instand gesetzt, gesäubert, geschmiert und poliert. Und bestückt. Mit den kleinen Weihnachts-Kügelchen. Für jeden eine; sie traf sicher, das war klar. Ein Schuss, eine Kugel, einer weniger. 

So wurde manche Ehefrau noch vor dem heiligen Familienfeste von ihrem untreuen Ehemann erlöst. Rechtzeitig genug, damit es diesen Frauen nicht so erginge, wie es ihr damals geschehen war. Ein feierlicher Heilig Abend, am 1. Weihnachtstag noch Friede Freude Weihnachtsplätzchen und am 2. Feiertag ein Abschied mit gemeinen Worten und mit Tränen. 

Man hätte doch, du verstehst doch, wir könnten doch und er hätte das doch nicht gewollt… aber er hätte sich halt verliebt, da auf der Weihnachtsfeier, das sei einfach Liebe, da könne man(n) nichts machen…  

13 Männer, 13 Visitenkarten beschriftet mit „Bussi von der Weihnachtsfrau“, 13 gezielte Schüsse mitten ins Herz. Den Muff passend zu ihrem roten Wintermantel  würde sie waschen müssen, einige rote Tropfen hatten diesen bekleckert, würden sonst hässliche schwarze Flecke hinterlassen. Das gestohlene Handy, mit dem sie die Verabredungen mit den Ehebrechern plante, war bereits in den Tiefen des Flusses auf Nimmerwiedersehen versenkt. Alle Jahre wieder… sang die Weihnachtsfrau nach getaner Arbeit und verstaute den roten Mantel, den frischgewaschenen Muff und die Waffe im üblichen Versteck, bis zum nächsten Jahr…alle Jahre wieder.

Adventskalender MiniKrimi vom 16. Dezember 2018


 

 

 

 

 

 

Letzte Ausfahrt Chemnitz (II)

Kurz vor München werden die Reisenden von einem sintflutartigen Gewitter überrascht. Binnen Minuten ist die Autobahn mit Hagelkörnern übersät, die Scheibenwischer kommen gegen den prasselnden Regen nicht an. Aber die beiden Frauen wollen nicht anhalten, sie haben es plötzlich eilig, weiterzukommen. Und dann müssen sie ja auch noch Alina absetzen. „Bist Du sicher, dass Du nicht mit zu uns kommen magst?“, fragt eine der Frauen aus weiblicher Solidarität heraus. Dabei wirft sie ihrer Freundin verstohlen einen gequälten Blick zu, der Alina dennoch nicht entgeht. „Nein, nein. Passt schon,“ sagt sie betont forsch. Und begeht damit den zweiten Fehler.

Das Auto ist alt und hat kein Navi, geschweige denn die Möglichkeit, ein Smartphone aufzuladen. Die Gegend des Treffpunkts ist allen drei Frauen gänzlich unbekannt. Irgendwo im Münchner Norden, halt. Der unaufhörlich niederprasselnde Regen tut ein übriges – sie irren umher, alle drei todmüde und angespannt. Schließlich hält es Alina nicht mehr aus. „Wenn wir die Straße in fünf Minuten noch nicht gefunden haben, lasst Ihr mich am besten raus. Weit kann es nicht mehr sein.“ „Kommt gar nicht in Frage,“ sagt die Fahrerin, Hoffnung in ihrer Stimme. „Wir müssen gleich da sein.“ Und richtig sehen sie durch den Regenschleier weiter vorne am Straßenrand undeutlich Leute stehen, die ganz offensichtlich warten. Ein Wagen fährt an ihnen vorbei, hält vorne an, ein Mensch beugt sich zum Beifahrerfenster, öffnet dann die Tür, steigt ein, und der Wagen fährt weiter. „Gottseidank“, murmelt die Freundin der Fahrerin.  Und sagt dann, schuldbewusst, „warte, ich helfe Dir noch mit dem Gepäck.“ Aber da ist Alina schon draußen, hat ihren Rucksack geschultert, ruft den beiden ein „Danke für alles!“ zu und ist schon nach wenigen Schritten im Regen verschwunden.

Langsam fahren die beiden weiter, vorbei an wartenden Frauen und Männern. Einige winken ihnen zu, eine springt ihnen sogar fast vor’s Auto, starrt sie an, ruft „Mensch Alte, verpisst euch“ und macht dazu eine eindeutige Handbewegung. „ich bin mir nicht sicher, ob das der richtige Treffpunkt ist,“ sagt die Fahrerin und: „meinst Du, wir sollen umdrehen?“ Aber da springt ein junger Mann auf sie zu und schlägt mit der Faust kräftig auf*s Autodach. Die beiden erschrecken und fahren davon.

Inzwischen ist Alina an den Reihen der Wartenden entlanggelaufen, begleitet von mürrischen Blicken und bösen Zurufen. Endlich fragt sie eine Frau in einem orangefarbenen Lackmantel: „Wo kann ich am besten auf die Mitfahrgelegenheit nach Chemnitz warten?“ Die Frau starrt sie kurz an, dann bellt sie statt eines Lachens und zeigt mit der brennenden Zigarette nach vorne. „Da an der Kurve. Wenn da einer anhält, kannste fragen, ob der dich nach Chemnitz fährt.“ „Jetzt, um diese Zeit?“ „Klar, jede Zeit ist gleich gut, hier, Kleine.“

Tatsächlich steht Alina noch gar nicht so lange, sie ist allerdings schon völlig durchnässt, als ein Wagen langsam auf sie zufährt. Eine dunkle, komfortabel aussehende Limousine. Sogar die Scheiben sind schwarz. Der Fahrer kurbelt das Fenster herunter und Alina fragt zögernd: „Entschuldigung, fahren Sie vielleicht nach Chemnitz? Eigentlich sollte ich erst um sechs abgeholt werden, aber wenn Sie den gleichen Weg haben?“ Der Fahrer mustert sie ausgiebig von oben bis unten. Dann sagt er bedächtig: „Nach Chemnitz? Na klar. Warum willst Du noch warten? Mit mir ist es bestimmt tausendmal besser.“ 

Alina steigt ein. 

Erst einen Monat später wird in einem kleinen Wäldchen unweit des Straßenstrichs an der Ingolstädter Straße eine weibliche Leiche gefunden. Den Verletzungen nach zu urteilen stammt der Mörder aus dem SM-Milieu. „Wir warnen die Prostituierten davor, sich in der SM-Kurve aufzustellen, aber leider werden unsere Warnungen offensichtlich immer wieder missachtet,“ so der Polizeisprecher auf Anfrage. 

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