Auf der Ismaninger Straße in unmittelbarer Nähe vom Max-Weber-Platz reihen sich die kleinen Geschäfte aneinander. Der Schreibwaren-Lotto-Toto-Laden mit dem Geschenke-Eck, in dem selbst die Briefumschläge dezent nach Zigarettenrauch riechen. Der überteuerte Grieche mit den wie gemalt in der Auslage prangenden Pizzarädern, aus dessen enger Tür Sommer wie Winter die Mittagsgäste ihre verwartete Zeit auf die Straße ergießen. Und der Gemüsetürke, eine breitgesichtige Frau und ihr untersetzter Mann, genauer gesagt. Vor der Tür sind exotische Früchte in Holzkisten drapiert, saisonale Blumenbüschel daneben. Jetzt eben grade Tannengestecke mit staubbeschichteten Christbaumkugeln. „Mei, die Türken halt, was sie so von Weihnachten wissen“, flüstern die Alten im Vorübergehen. Und Alte gehen viele vorüber. Vor mir wieder eine. Drahtig und ganz aufrecht, das schulterlange strohweiße Haar frisch gelegt. Ihre blaue Stoffhose aus den Siebzigern mit Schlag gut gepflegt, die Sportjacke ein modernes Outdoormodell. Wie auf einem Gleis gehend strebt sie dem Gemüseladen zu. Bleibt vor der Auslage ruckartig stehen. Zieht den Kopf ein, ich sehe es ganz deutlich, wie eine Schildkröte, die zum Angriff ansetzt oder zur Flucht nach innen. Ihre behandschuhten Finger schießen hervor, umklammern einen Apfel – wie der Greifarm in den Münzaquarien, die früher an jeder Raststätte standen, bunt gefüllt mit billigsten Plüschtieren. Blitzschnell steckt sie den Apfel in ihre Jackentasche. Steht wie angewurzelt und schraubt ihren Blick ins Innere des Ladens. Erst, als der Besitzer auf sie zu kommt, bewegt sie sich. Dreht sich um und läuft, nicht rennt, gemessenen Schrittes davon. „Halt, halt!“ ruft der Türke und springt auf den Bürgersteig,……