Herbst-Zeit-Lose


Ihr Lieben, ja, ich gebe es zu: ich bin eine Herbst-Zeit-Lose. Eine, die ihren Blog vernachlässigt. Und euch, die ihr – vielleicht – ab und zu mal was Neues von mir lesen wollt.

Hier deshalb zumindest eine Skizze. Und ein Versprechen.

Zunächst die Skizze:

Viel ist passiert, im Sommer. Ich habe mich für viele Events beworben,, viele Beiträge eingereicht. Eine Einreichung – bis jetzt – war erfolgreich: Ich werde auf der Ladies Crime Night im Rahmen des Ladies Crime Festival in Speyer lesen und meine dreizehnte Fee, die böse Mary Poppins, zum Leben erwecken. Am 8. November!

Weil Ihr diese Lesung leider sehr wahrscheinlich nicht live erleben könnt, lade ich euch ganz herzlich ein, am 27. November um 19 Uhr dabei zu sein. Ganz egal, wo ihr dann gerade seid. Daheim oder im Urlaub, auf der Couch oder im Auto. Ihr braucht nur einen Computer, einen Laptop, ein Tablet oder ein Smartphone. Und schon seid ihr mittendrin in der ersten Online-Lesung der Mörderischen Schwestern!

Insgesamt werden 5 Autorinnen lesen. Ich bin mit meiner dreizehnten Fee dabei. Und ich zeige euch die wichtigsten Protagonist*innen. Und Ellens Münchner Villa.

Klickt auf unseren Youtube-Kanal, schaut und hört zu. Es lohnt sich!

Alle Infos findet ihr auf dem Plakat. Wenn euch was fehlt – fragt mich!

Und jetzt noch das Versprechen:

Ich habe soviel auf dem Herzen. Zu Gaza, zum Rechtsruck, der immer mehr zum Erdrutsch wird, nicht nur in Deutschland. Und zu mir. Ich schreibe. Es. Auf. Versprochen.

Bella Ciao! Mitsing-Konzert und Krimilesung


Wie sagen Frauen CIAO zum Sommer und HALLO zum Herbst? 

Mit Schwung, Spannung und jeder Menge guter Laune.

Vera v. Schumann (Gitarre und Vocals) und Marie Bastide (Krimis und Vocals) laden ein zu einem Mitsingabend mit bekannten, eingängigen Songs und herbstfrischen MiniKrimis.

Von Bella Ciao über Mantras bis zu Gstanzln ist alles dabei. Und auch in den MiniKrimis geht es um Frauen und darum, wie sie das Leben mit seinen unüberwindlich scheinen Hindernissen meistern.

Seid dabei, singt mit und drückt den Krimiheldinnen die Daumen

am Sonntag, 21. September 2025 um 19 Uhr in der Moosacher Magdalenenkirche, Ohlauer Straße 16. 

Der Eintritt ist frei – Spenden sind herzlich willkommen. Männer natürlich auch!

Vera v . Schumann leitet in und um München Singgruppen und tritt mit den Ladybugs regelmäßig in der Magdalenenkirche auf.

Marie Bastide schreibt Krimis und ist mit ihren szenischen Lesungen in ganz Deutschland unterwegs.

Für Rückfragen stehe ich euch gerne zur Verfügung. Schreibt einfach einen Kommentar, ich antworte sehr schnell.

Genießt den Sommer bis zum Sch(l)uss. Und noch darüber hinaus


Er ist da: der ultimative Krimigenuss voller Sonne und Spannung. Ideal für lazy moments am Strand, chillige Stunden auf Balkon oder Hängematte. Und natürlich als Sommerrevival Must have, wenn die Blätter rieseln.

Die Anthologie enthält 16 Sommerkrimis, von böse bis skurril. Mit dabei: meine „Dreizehnte Fee“, in der Journalistin Ellen von einer modernen Mary Poppins zunächst fabelhaft und entlastet und dann (beinahe) entsorgt wird.

Erhältlich als E-Book und als Taschenbuch, z.B. hier:

https://amzn.eu/d/4zNCz7D

Ich freu mich über eure Rezensionen!

Habt eine spannende Zeit!

Eure Marie Bastide

Meine Fans


Ich bin – rein geburtstechnisch betrachtet – nicht mehr ganz taufrisch. Mental, psychisch und im Hinblick auf mein Selbstbild mag das anders sein. Da bin ich je nach Gemütszustand, körperlicher Verfassung, besonderen Glücksmomenten mal 5, mal 15 oder auch mal 100.

Nun habe ich den Verdacht, dass es einigen meiner „Fans“ genauso geht. Gestern hatte ich eine fantastische Lesung in Moosch. Im „Seniorenclub Lebensfreude“. Im Vorfeld hatte ich mich bei der Leiterin nach der mentalen Verfassung meiner Zuhörer*innen erkundigt, um die Lesung entsprechend zu gestalten. Die Antwort wies mich – freundlich – in die Schranken. Die Mehrzahl der Damen sei ungefähr so alt wie wir (!), lebe alleine und selbstversorgt und sei mit allem ausgestattet, was ein moderner Alltag mit sich bringe: Handy, Computer, Internet und Hörgeräte.

Letztere trage ich auch, seitdem die Hersteller versprechen, damit auch einem Tinnitus beizukommen. Klappt bei mir leider nur so lala, weshalb ich permanent ein Konzert in den Ohren habe und infolgedessen zuweilen einfach nicht verstehe, was mir Menschen über diesen kopfinternen Lärm hinweg zu sagen versuchen. Aber sei’s drum: ich bin meinen Zuhörer*innen tatsächlich auf vielen Ebenen verbunden.

Gestern stand ich nun in dem gut gefüllten Saal – und begegnete erwartungsvollen Augen. „Wird’s spannend?“, „Wird’s auch deutlich genug`“ „Laut genug?“ Der Saal hat eine grauenhafte Akustik, die durch ein Mikro nicht wirklich verbessert wird. Ich stellte mich also vor, fragte ab, ob meine Zuhörerinnen (kein Gendern nötig) thrillertauglich seien („Je brutaler, desto besser“, war die Antwort 🙂 ) und machte gleich einen Verständnistest. Ich war, so hatte mir die Leiterin berichtet, das Highlight im herbstlichen Veranstaltungskalender. Die Latte hing also hoch.

Und ich begann.

Meine Lesungen sind „szenisch“, bzw. „performe“ ich eher, als dass ich nur lese. Oft erzähle ich auch zwischendrin und weiche vom Text ab. Dabei schaue ich immer in die Gesichter und reagiere spontan auf das, was ich sehe. Mache einen Scherz mehr, singe ein Liedchen weniger. Ihr wisst, was ich meine. Nun, gestern stand ich vor einem sehr vielfältigen Ausdrucksmix. Die einen lachten, die anderen lächelten, einige schauten konzentriert – und eine döste mit geschlossenen Augen. Zuviel Kaffee, Kuchen, zu warme Luft?

Ich ezählte gerade, wie die Gräfin S. den Seitensprung ihres zweiten Mannes mit der Büste ihres ersten Mannes aus rotem Alicante Marmor erschlug, da erklärte vorne links eine Dame, in Alicante gäbe es keinen Marmor. Und breitete ihr Wissen über dieses edle Gestein aus, das das meine bei weitem übertraf. Ich hatte lediglich bei Goggle nachgefragt.

Da öffnete die „Dösende“ die Augen und schoss mir einen scharfen, freundlich-komplizenhaften Blick zu. Sie hatte alles genau verfolgt und die Augen nur der besseren Konzentration halber geschlossen. Soweit zu voreiligen Schlüssen.

Nach einer Stunde und drei Geschichten war ich heiser – und froh, dass ein paar der Damen meinten, es sei für heute genug. Den anderen musste ich versprechen, bald wiederzukommen. Und eine gab mir noch den Stoff für einen neuen Thriller mit auf den Weg., WOW. WOW. Ihr werdet ihn lesen. Im MiniKrimi Adventskalender.

Was mir noch nachzutragen bleibt: Es war ein toller Nachmittag. Die älteren Zuhörerinnen waren viel kritischer und aufmerksamer als so manche jungen. Ach ja, mit dem Alicante Marmor hatte ich recht. Uff.

Und auf dem Foto seht ihr mich mit den „Fans“, die bereit waren, allem Datenschutz zum Trotz mit mir abgelichtet zu werden.,

Danke, liebe Frau Röck, für die Einladung. Ich komme gerne wieder.

Die Zeit vergeht schneller. als ich ihr folgen kann….



Die Frankfurter Buchmesse war TOLL. Es war wunderschön, so viele liebe Kolleginnen und Mörderische Schwestern zu treffen.

Das Gastland Italien hat mich mit seinem Auftritt begeistert. Nein, nicht (oder nicht nur), weil das meine emotionale Heimat ist, also mein „Vaterland“ im Wortsinn. Es war ein eindrucksvoller, Herz und Sinne ansprechender Mix dessen, was Italien und seine Kultur ausmacht. Schade nur, dass Meloni linken Autor*innen den Aufritt dort verweigert hat. Nie wieder Faschismus, das gilt nicht nur für Deutschland, sondern auch für Italien! Ich werde mich, wenn ich dort wohne, ganz sicher für den antifaschistischen „Kampf“ engagieren. Friedlich, selbstverständlich.

Ja – und dann war da die Notte Criminale im Café Wacker. Sehr schön, sehr spannend, mit kriminell guter Musik – von Mimi bis zu Macki Messer und dem Kriminal Tango. Danke Michael Klimo (Trompete) und Pit Gerten (Keyboard).

Ich habe dort meine neueste Episode der Agentur zweites Glück vorgestellt; Bella und ihr Gespür für Leichen. Was soll ich sagen? Kam gut an 🙂

Toll waren auch die Lesungen meiner Mörderischen Schwestern Franziska Franke, Monja Luz, Andrea Maluga und Cornelia Mohrmann. Sie entführten das Publikum ins England Sherlock Holmes‘, in Casanovas Venedig – komplett mit Kleid und Perücke!, auf die düstere Seite von Mainz und in die mafiöse Umgebung eines Italienischkurses bei der Berliner VHS.

Es war MEGA.

Und dann hatte und habe ich noch andere Highlights. Der zweite Arche Noah Gottesdienst in der Magdalenenkirche war so schön. Mit Hunden und Menschen und swingender Musik von Raphaela Ulrich und Vera v. Schumann.

Manchmal bedauere ich schon, dass ich nächstes Jahr nicht mehr „einfach so“ Events in München und Deutschland planen kann. Aber ich komme immer mal wieder. Für einen Auftritt allema!.

Heute habe ich noch etwas ganz besonderes vor: ich lese im Seniorenclub der Diakonie Moosach vor krimibegeisterten Menschen, die beinahe mein Alter haben. Tja, let’s face it 🙂

Ich freue mich riesig darauf, habe Emma Peel und John Steed im Gepäck – und werde euch berichten.

Und dann… ja dann ist auch schon bald wieder Advent. Und damit wird sich hoffentlich jeden Tag ein MiniKrimi-Türchen öffnen. Nur hier und nur auf mariebastide.blog.

Ach ja: noch etwas gibt es zu berichten. Ich schreibe ja auch Haikus. Und einer davon, der „Tauferer Advent“ wird auf eine Glasstelle geätzt und wird den ganzen Advent über erleuchtet den Marktplatz von Mais im Vinschgau verschönern, zusammen mit 23 anderen Adventstexten übers Licht. Fotos folgen!

Stay tuned.

Täglich was aufs Auge gibt’s bei semisappho auf Instagram. Come in and join!

Meine MiniKrimis auf der Lesebühne Abgebrüht


Am 1. September von 20 bis 22 Uhr lese ich, gemeinsam mit meinen Mörderischen Schwestern Thea Lehmann und Daniela Hartinger im Kulturhaus Milbertshofen.

Musikalisch umrahmt wird der „kriminelle“ Abend virtuos von Multitalent Franz Esser.

Aus aktuellem Anlass werden ich einen brandneuen MiniKrimi präsentieren. ich verrate nur soviel: es geht um etwas richtig Widerliches, das jahrzehntelang in einer Aktentasche schlummerte und dann wieder zum bösen Leben erweckt wurde. Aber von wem?

ich freue mich darauf, euch zu sehen: am 1.9.2023 um 20 Uhr im Kulturhaus Milbertshofen am Curt-Metzger-Platz 1. Das ist quasi im Herzen von München und mit öffentlichen Verkehrsmitteln super zu erreichen (z:B. U 2).

EInlass ab 19.30 Uhr, Eintritt 8 Euro.

Moderiert wird der Abend von der wunderbaren, humorvollen Martina Pahr!

Hier der Link zur Hompage für alle weiteren Infos.

Adventskalender Minikrimi am 13. Dezember


Foto: Free-Photos

Freitag, der Dreizehnte

Heute versuche ich mich an einer Variation zum gestrigen Thema der Vorlese-Oma. Wie findet Ihr die Idee, verschiedene Autorinnen über das gleiche Sujet schreiben zu lassen? Viel Spaß beim Lesen… ach ja, und Kommissar Schaller ermittelt in der TV-Serie „München Mord“. Mein Geheimtipp….

Rund 50 Weihnachtsmärkte gab es in der Stadt. Aber der verhältnismäßig kleine „Adventszauber“  war längst kein Geheimtipp mehr und erfreute sich jedes Jahr wachsender Beliebtheit. Das lag sicher an den mit großer Liebe dekorierten Hütten und den vielen Details, die die Besucher in ein winterliches Bergdorf in Après-Ski-Stimmung versetzten: mit Kunstschnee verzierte Holzdächer, mit roten, grünen und goldenen Kugeln und Lichtern beladene Schlitten, aufgestellte Skier und natürlich ein riesengroßer Schneemann. Dazu ein buntes Programm von besinnlichen Adventschören bis hin zu zünftigem Alpenrock.

Die Hauptattraktion war jedoch bereits seit einigen Jahren der Auftritt der Vorlese-Oma. An sich ein diskriminierender Name, aber Hedwig von Stetten hatte nichts dagegen einzuwenden, dass sie auf Plakaten im ganzen Stadtgebiet so angekündigt wurde. Sie hatte bis weit über das Pensionsalter hinaus eine bedeutende Mädchenoberschule mit Internat geleitet. Wenn sie die einstigen Schülerinnen als ihre „Töchter“ betrachtete, war sie heute mehr als hundertfache Oma – und sicher auch bereits Ur-Oma. 

Als Lehrerin und Direktorin war von Stetten kühl, unnahbar, manche mochten sagen, hart erschienen. Als Vorlese-Oma entwickelte sie einen ganz eigenen Charme, der kleine und große Zuhörer und Zuhörerinnen verzauberte. Sie las nicht nur, sie lebte die Geschichten. Ihre Gesichtszüge veränderten sich, sie war in einem Moment das schüchterne Rotkäppchen, im nächsten die gebrechliche Großmutter und dann der furchteinflößende Wolf. Aber auch wenn  ein Kind zuweilen sein Gesicht im Pullover der Mutter verbarg und sogar Erwachsene erschrocken zusammenzuckten – die Vorlese-Oma war so beliebt, dass die Leute vor der Lesehütte Schlange standen, lange, bevor es losgehen sollte.

So auch an diesem 13. Dezember. Einem Freitag. Hedwig von Stetten war in keiner Weise abergläubisch. Wäre sie es gewesen, hätte sie vielleicht auf dem vom nächtlichen Blitzeis noch gefrorenen Boden mehr Vorsicht walten lassen, wäre nicht ausgerutscht und hätte sich auch nicht den Knöchel gebrochen. Sie hätte  – pflichtbewusst wie sie war – nicht aus dem übervollen Notaufnahme-Wartebereich des Krankenhauses ihre Freundin Senta Möbius angerufen – und Senta hätte demzufolge auch nicht an ihrer Stelle in dem roten Ohrensessel am künstlichen Hüttenkamin gesessen. Hätte, hätte, hätte.

Stattdessen fand sich die zuverlässige Senta um 15 Uhr in der Lesehütte ein, erklärte ihre Anwesenheit und nahm den Veranstaltern jeden etwaigen Zweifel an ihrer Qualifikation als Lese-Oma-Ersatz, in dem sie ihnen erklärte, dass sie von Beruf Sprecherin war und bereits unzählige Hörbücher aufgenommen hatte.

Sie setze sich probeweise in den Ohrensessel und bemerkte, dass dieser nur von einer üppigen Lichterkette beleuchtet wurde, die sich schlangengleich um einen Christbaum im Eck der Hütte wand. Ihre Bitten um „mehr Licht“ verhallten allerdings ungehört. Hätte sie ihre Bitte mit mehr Nachdruck geäußert, hätte der junge Mann an der Bar oder der Veranstalter ihr eine Lampe zur Seite gestellt und wäre ihr Gesicht deshalb nicht so im Schatten gewesen…… hätte, hätte, hätte.

So nahmen die Dinge an jenem 13. Dezember ungehindert ihren fatalen Lauf. 

Senta hatte zur größten Freude ihrer Zuhörerschaft nach Andersens Märchen vom Christbaum gerade damit begonnen, aus der „Schneekönigin“ zu lesen, als ein leises aber deutliches Sirren die Stille zerriss. Senta spürte nur einen Stich im Herzen, dann war sie tot. In dem allgemeinen Durcheinander entkam der Blasrohschütze – oder war es eine Schützin?

Die umgehend eingeleiteten polizeilichen Ermittlungen gingen zunächst nur schleppend voran. Bis der Fall – wohl aufgrund seiner offenbaren Aussichtslosigkeit – Kommissar Schaller und seinem Team übertragen wurde. Wie nicht anders zu erwarten, kam Schaller mit seinen unkonventionellen Ermittlungsmethoden zu einer für die Öffentlichkeit überraschenden aber dennoch richtigen Lösung. Um den Minikrimi nicht über Mitternacht hinaus auszudehnen, sei hier nur das Ergebnis notiert:

Senta Möbius war am falschen Tag am falschen Ort, bzw. in der falschen Rolle gewesen. Eine frühere Schülerin des von Hedwig von Stetten geleiteten Internats hatte die Veranstaltungs-Plakate gesehen. Das Porträt ihrer Peinigerin, die jahrzehntelang der Misshandlung unzähliger Schülerinnen in Form von physischer und psychischer Gewalt Vorschub geleistet hatte, hatte ihre aufgestaute Wut entfesselt. Das Blasrohr gehörte ihr – Blasrohrschießen ist in bayerischen Schützenvereinen ein durchaus gängiger Sport. Die in langen Jahren verblasste Erinnerung und das schlechte Licht hatten dazu gefürt, dass die Täterin Senta für Hedwig gehalten hatte.

Zwei Opfer, zwei Täterinnen. Aber nur eine kam vor Gericht. Die andere war indes ins Ausland entkommen.

Adventskalender Minikrimi am 12. Dezember


Foto: Predra6_Photo

Ich LIEBE die sozialen Medien! Sie vernetzen Dich mit Menschen, die Du sonst NIE kennenlernen würdest. Wie Birgit Schiche. Sie reagierte auf meinen Mitmach-Aufruf bei Twitter…. und entpuppte sich als literarisches Naturtalent. Es kann natürlich sein, dass sie unter einem Pseudonym schon längst eine bekannte Krimiautorin ist – und sich grade köstlich über meine Zeilen hier amüsiert. Aber lest selbst. Der Minikrimi von Birgit Schiche, http://www.PlanB-Schiche.de.

Weihnachtsspecial mit Makronen

Es roch nach abgestandener Luft, alten Büchern, Tannenzweigen und weihnachtlichen Gewürzen, als sie den Raum betrat. Das Team der Bücherei hatte sich große Mühe gegeben, für das heutige Weihnachtsspecial eine stimmungsvolle Atmosphäre zu schaffen. Ein echter Tannenbaum stand liebevoll geschmückt und mit einer Lichterkette verziert am Durchgang zum nächsten Raum, und es wurden – nur ausnahmsweise! – Kinderpunsch und Kekse angeboten. Aus unterschiedlichsten Sitzmöbeln hatte man einen mehrreihigen Halbkreis fürs Publikum zusammengestellt mit Blick auf einen großen, roten Ohrensessel direkt neben dem Tannenbaum. Daneben stand ein kleines, antik anmutendes Tischchen. Hier sollte die Vorlese-Oma heute sitzen und Weihnachtskrimis zum Besten geben. Das Weihnachtsspecial bot jedes Jahr ungewöhnlichen Lesestoff und war immer ausverkauft. 

Adele war besonders beliebt als Vorlese-Oma. Keine andere verstand es wie sie, an den richtigen Stellen bedeutungsschwangere Pausen zu machen und einzelne Absätze mit der richtigen Portion Spannung oder Humor, Ironie oder Tragik in der Stimme vorzulesen. Ihre tiefe, melodische Stimme war warm und klar. 

Die 68-Jährige ließ sich in den Ohrensessel fallen, die Arthrose im Knie piesackte sie heute wieder sehr. Sie legte sich ihre besondere Brille zurecht und goss etwas Wasser in ein Glas, falls ihr später der Mund trocken werden würde. Die Lichterkette im Tannenbaum sollte ihr als Leselicht dienen, das war etwas spartanisch. Sie nahm sich vor, nach einer zusätzlichen Lampe zu fragen.

„Adele, schön, dass Sie schon da sind“, begrüßte sie Therese, die Leiterin der Bücherei. Man kannte sich seit Jahren. Doch bevor Adele um mehr Licht bitten konnte, eilte die unscheinbare Frau in den Vierzigern schon weiter. Inzwischen füllte sich der Raum bereits mit Menschen.

Adele ging zu einem Regal, in dem Krimis standen, stöberte einen Moment und zog schließlich ein dickes, gebundenes Buch heraus. Ein Glück, hier war die Sammlung englischer Krimiklassiker, aus der sie heute lesen wollte. Eigentlich hatte sie diese in Ihrem eBook-Reader gespeichert, aber den hatte sie zuhause vergessen. Sie wurde eben nicht jünger. Dann gab es also mal wieder ein richtiges, analoges Buch. 

Zurück an ihrem Leseplatz sah sie, dass jemand noch ein Tellerchen mit Mandelmakronen für sie bereit gestellt hatte. Man gab sich hier wirklich besondere Mühe. Adele setzte sich wieder in den Ohrensessel und nahm das Buch, um Lesezeichen an den zum Vorlesen ausgewählten Stellen zu platzieren. Es lag schwer in ihrer Hand und der Buchrücken fühlte sich merkwürdig verbeult an. So ein Büchereibuch war sicher schon durch viele Hände gegangen, sowas musste wohl Spuren hinterlassen. Wie lange hatte sie nun schon fast ausschließlich eBooks gelesen? Sie wusste es nicht. 

Die Büchereileiterin sprach ein paar Worte zur Begrüßung, das Publikum schaute gespannt auf Adele. Die wiederum musterte ihr Publikum genau. Adele hatte scharfe Augen und einen messerscharfen Verstand. Einige Studentinnen und Studenten saßen auf Kissen am Boden, überwiegend Frauen, aber auch einige männliche Krimi-Fans hatten jeden Sitzplatz besetzt. Die meisten kannte sie schon seit vielen Jahren, wenigstens vom Sehen. Der fremde Mann mit dem Dreitagebart dort drüben war ihr allerdings auf Anhieb unsympathisch. Und auch den beiden jungen Männern in der ersten Reihe – links ein dunkelhaariger, der andere blond – mochte sie nicht so recht über den Weg trauen.

Sie begann zu lesen, zunächst leise, langsam und bedächtig, dann schneller werdend, eine stilistische Pause – und plötzlich laut mit vibrierender Stimme beim ersten Spannungshöhepunkt. Das Publikum hing gebannt an ihren Lippen. Einer der jungen Männer fehlte, sie hatte nicht bemerkt, wo er hingegangen war.

Sie nahm einen Schluck Wasser, aß – um die Spannung noch etwas zu steigern – bedächtig eine süße Makrone und las weiter. Plötzlich flackerte die Lichterkette am Tannenbaum und ging aus. Es war stockdunkel, man hörte nur erschrockenes Einatmen und kleine Aufschreie aus dem Publikum. Eine Christbaumkugel zersplitterte am Boden. Der neue Hausmeister, der eben noch links in der ersten Reihe gesessen hatte, sorgte schnell wieder für Licht. Die Menschen atmeten hörbar auf, und die angestaute Spannung entlud sich in leisem Gelächter und fröhlichem Plappern. Nur Adele regte sich nicht. Sie saß mit offenen Augen in ihrem Sessel, die Brille auf der Nase verrutscht, tot. Vergiftet.

Der Mann mit dem Dreitagebart wies sich als Kommissar Bertram aus. Er hatte erst vor wenigen Tagen seine neue Stelle angetreten. Er reagierte sofort, rief den Notarzt und scheuchte das Publikum in den Nebenraum. Dann sah er sich am Tatort um. Adeles Brille erregte seine Aufmerksamkeit. Mithilfe eines sauberen Taschentuches, um keine Spuren zu verwischen oder zu hinterlassen, nahm er die Brille in die Hand und sah sofort, was sie so besonders machte.

Und noch etwas fiel ihm auf: Der Teller mit den Makronen war verschwunden, ebenso das Buch, aus dem Adele gelesen hatte. Ach nein, die Büchereileiterin hatte es aufgehoben. Ungeschickt versuchte sie, es unter ihrer Strickjacke zu verbergen, und wollte schnell den Raum verlassen. Bertram hinderte sie daran. Er nahm ihr das Buch ab – und fühlte sofort den kleinen USB-Stick, der im Buchrücken verborgen war. Unter Thereses wütenden Blicken zog er ihn heraus. Die Bibliothekarin kniff die Lippen zusammen und verweigerte jede Aussage. Aber sie schielte immer wieder zum Tannenbaum, hinter dem sich der blonde junge Mann versteckt hatte, in der Jackentasche noch die vergifteten Makronen. Bertram nahm Therese und ihren Komplizen mit aufs Revier.

Dort angekommen untersuchte er umgehend den USB-Stick und Adeles Brille, die eine eingebaute Kamera enthielt. Auf dem USB-Stick fanden sich umfangreiche Hinweise auf einen Schmugglerring, der seit Jahren im großen Stil Markenpiraterie betrieb. Die Spuren hatten die Kripo immer wieder in diese Stadt geführt, waren aber dann im Sande verlaufen. Therese hatte die Bücherei genutzt, um die geheimen Daten unauffällig ihren Komplizen in die Hände zu spielen und Schmuggel wie Verkauf zu koordinieren.

Ihre Tarnung war nahezu perfekt gewesen, keiner hätte dieser grauen Maus so etwas zugetraut. Es war Zufall gewesen, oder vielmehr Pech, dass Adele ausgerechnet dieses Buch mit dem verborgenen USB-Stick zum Lesen herausgezogen hatte. Therese musste schnell handeln. Aber Improvisieren war noch nie ihre Stärke gewesen. Adeles Brille offenbarte, dass es Therese gewesen war, die die vergifteten Makronen hingestellt hatte. Blausäure war das einzige gewesen, was sie auf die Schnelle in den Räumen des Hausmeisters gefunden hatte – sie musste nur ein paar Tropfen auf die Mandelmakronen träufeln, der Bittermandelduft würde so nicht auffallen.

Therese war zu selbstsicher und zu dreist gewesen, als sie geplant hatte, ihren heutigen Coup im Rahmen dieser ganz besonderen Lesung durchzuziehen. Aber natürlich wusste sie nicht, dass Adele schon lange einen Verdacht gegen sie gehegt, aber keinerlei Beweise gehabt hatte. Bis ihr ausgerechnet das Buch mit dem USB-Stick in die Hände gefallen war. Nun hatte die Kommissarin a.D. auch ihren allerletzten Fall gelöst, Adeles großes Weihnachtsspecial.

Lesung zum 10jährigen Jubiläum der fabelhaften Couchpoeten!


Das wird so langsam meine Lieblingscouch! Deshalb lese ich gleich wieder dort:

  • am 13. Oktober um 20 Uhr auf der Literaturbühne ‚Die fabelhaften Couchpoeten‘ im Stemmerhof, Plinganserstraße 6, in München-Sendling. Diesmal gibt es „Minikrimis“ von schräg bis schaurig. Es lohnt sich, denn es treten die Lieblinge der Couchpoeten auf. Also ist Spannung angesagt.
    Ich freue mich auf Euch!

München liest aus verbrannten Büchern


Königsplatz, 10. Mai 2011. 

16.00 Uhr, Königsplatz München. Auch dort, wo der Rasen nicht rundverbrannt wurde, zum heutigen Gedenken an das Geschehen 1933, ist der Rasen glutgelb verfärbt. Vor der Glyptothek steht ein weißes Zelt mit Technik, davor reihen sich gut besuchte Bierbänke. Schattenlose Zuhörer und seltsam fremde Zufallstexte. Wechselnde Gesichter, Stimmen, Stimmungslagen. Schön das Vater-Sohn-Duo, das mit sonorer Klanggewalt und mit Gitarren-Akkord-Untermalung deklamiert – ich weiß nicht mehr genau, was. Die deutsche Jugend, falscher Klassenkampf und ungerechter Krieg in Ewigkeit, war das der Inhalt?

Manche Menschen hängen sich ans Mikro, als hinge ihre Existenz davon ab, gehört zu werden. Aus 5 angebotene Leseminuten werden schnell 10 und mehr. Trotz der großen Mahnuhr auf dem schwarzbezogenen Tisch.

16.30 Uhr. Dann endlich sind wir doch an der Reihe. Wir, Anna Roma und ich. Eingedenk des Gehörten und Erlebten fassen wir uns. Kurz.

Wir lesen Gedichte von Else Lasker-Schüler, geboren 1869 in Deutschland, gestorben 1945 in Israel.

Wir lesen Else Lasker-Schüler, weil sie von Hitler gleich dreimal verbrannt wurde. Als Jüdin, als Frau und als Künstlerin.

Wir lesen Else Lasker-Schüler, weil sie in Deutschland allen bekannt und von niemandem erkannt war.

Wir lesen  Else Lasker-Schüler, nicht, weil sie Männer und Sicherheit verließ, nicht, weil sie Konventionen und Moral in den Wind schrieb.

Wir lesen Else Lasker-Schüler, weil sie immer vom Leben vertrieben wurde. Und sich deshalb immer allem ganz und kompromisslos ergab. Der Leidenschaft. Der Liebe. Den Worten.

Wir lesen Else Lasker-Schüler, weil sie nie und nirgends zu Hause war. „Mitten unter Leuten war sie von Einsamkeit umhüllt, als würde sie ihre Zelle mit sich herumtragen, wie eine Schnecke ihr Schneckenhaus.“ So hat der Maler Miron Sima sie in ihren letzten Jahren in Jerusalem beschrieben.

 Ich lese mein Lieblings-Liebeslied. Von Else Lasker-Schüler:

„Wie ein heimlicher Brunnen
Murmelt mein Blut,
Immer von dir, immer von mir.
Unter dem taumelnden Mond
Tanzen meine nackten, suchenden Träume;
Nachtwandelnde Kinder,
Leise über düstere Hecken.
O, deine Lippen sind sonnig…
Diese Rauschedüfte deiner Lippen…
Und aus blauen Dolden silberumringt
Lächelst du … du, du.
Immer das schlängelnde Geriesel
        Auf meiner Haut
Über die Schulter hinweg –
        Ich lausche…
Wie ein heimlicher Brunnen
Murmelt mein Blut…“