MiniKrimi Adventskalender am 20. Dezember


Heute: der MIniKrimi im Doppelpack. Denn ich kann mich nicht entscheiden. Also überlasse ich euch die Wahl. Welcher ist besser? Unter allen Antworten verlose ich ein Exemplar meines winterlichen Fünf-Seenland-Krimis „Miniataurus“, passend zur Jahreszeit.

  1. Saitenwechsel

Er kam unerwartet früher als geplant von der Dienstreise zurück und wurde von schrillen Dissonanzen empfangen. Seine Frau Gina hatte offensichtlich ein neues Hobby: sie übte Violine. „Diese Seite von dir kannte ich noch gar nicht,“ sagte er und ergriff  – bildlich gesprochen und wörtlich genommen – die einmalige Gelegenheit, eine andere Saite seines Lebens aufzuziehen, nachdem er die alte G-Saite runtergedreht, ausgefädelt, die neue Saite eingefädelt und einmal fest über das Ende ihres Halses gewickelt hatte.

2. Gestreift

„Wie süß, Schnucki, dass du mich doch noch mitgenommen hast, in deinen Skiurlaub. Eine Woche ohne dich, das hätte ich nicht ausgehalten. Ich will dich doch jede Sekunde bei mir haben.“

„Klar, mein Zuckerstückchen. Eine Woche Kitzbühel nur mit meinen Freunden – das wäre ja nicht zum Aushalten gewesen.“

Sie kichert. Und fragt: „Schnucki, hier steht Streif. Ist das auch ganz sicher eine Anfängerpiste?“

„Ganz sicher, mein Häschen. Da kommst du ohne zu schieben gar nicht voran. Deshalb habe ich deine Skier heute morgen extra nochmal gewachst. Und jetzt ab mit dir.“

„Ahhhhhhhhh!“

Frau ohne Gefühle II


Er ist eher zufällig dahinter gekommen. Eigentlich liest er keine Liebesromane. Krimis schon. Aber nur solche, deren Seitenstatistik 80% Stunts, 10% Blut, 5% Technik und maximal 5% Sätze, alle von einer Länge unter einer Zeile, aufweist. Doch im Wintersportort seiner Wahl regnete es, der Schnee führte nurmehr ein graues Schattendasein an Straßenkreuzungen, und am Hang verloren die Schneekanonen ihren aussichtlosen Kampf gegen die Plusgrade auf nebeligem Terrain.

Die Hotelschwimmbäder waren überchlort und hallten wider vom Geschrei unausgelasteter Kinder. Die Wellness-Oasen hatten sich in Dampfkessel verwandelt, in denen zum Leben erwachte Botero-Figuren wie unreife Gänse der maximalen Garzeit entgegenschnatterten. Die Barhocker waren von in Whiskey eingelegten Gockeln belagert, und wie es in den Konditoreien aussah, wusste er nicht, weil er keine Torten mochte.

Mehr aus Verzweiflung als aus Interesse hatte er die verstaubte Tür aufgestoßen, beim Eintreten hatte die kalte Luft ein müdes Glockenspiel bewegt. Im halbdunklen Innern lungerten auf staubigen Regalen Berge von verstaubten Büchern der Dämmerung entgegen. Kein Buchhändler war zu sehen, keine ungeduldige Verkäuferin. Also blätterte er  sich verstohlen ungestört durch die literarischen Welten. Lustlos und stehend, zunächst. Dann zog er sich einen Elefantenfuß heran, auf dem eine dicke Staubschicht Zeugnis davon ablegte, dass sich in dem renommierten Ort schon lange niemand mehr für die Bücher in den oberen Regalreihen interessierte. Er hob den Blick. Dann den Kopf. Während auf den Tischen Kochbücher, Skiwanderführer und Bildbände der schönsten Alpenpanoramen um die Gunst seiner Aufmerksamkeit buhlten, drehten ihm die gebundenen Exemplare dort oben kühl den Rücken zu. Er bestieg den Elefantenfuß. Aber er schon der Blick von dieser leicht erhöhten Warte verursachte ihm Schwindel, und so griff er nach dem erstbesten Einband und rettete sich auf den sicheren Boden. Erstaunt las er den in kitschigem Gold aufgeprägten Titel: ….

%d Bloggern gefällt das: