Wie sagen Frauen CIAO zum Sommer und HALLO zum Herbst?
Mit Schwung, Spannung und jeder Menge guter Laune.
Vera v. Schumann (Gitarre und Vocals) und Marie Bastide (Krimis und Vocals) laden ein zu einem Mitsingabend mit bekannten, eingängigen Songs und herbstfrischen MiniKrimis.
Von Bella Ciao über Mantras bis zu Gstanzln ist alles dabei. Und auch in den MiniKrimis geht es um Frauen und darum, wie sie das Leben mit seinen unüberwindlich scheinen Hindernissen meistern.
Seid dabei, singt mit und drückt den Krimiheldinnen die Daumen
am Sonntag, 21. September 2025 um 19 Uhr in der Moosacher Magdalenenkirche, Ohlauer Straße 16.
Der Eintritt ist frei – Spenden sind herzlich willkommen. Männer natürlich auch!
Vera v . Schumann leitet in und um München Singgruppen und tritt mit den Ladybugs regelmäßig in der Magdalenenkirche auf.
Marie Bastide schreibt Krimis und ist mit ihren szenischen Lesungen in ganz Deutschland unterwegs.
Für Rückfragen stehe ich euch gerne zur Verfügung. Schreibt einfach einen Kommentar, ich antworte sehr schnell.
Mini Bibel Thriller: Das letzte Ma(h)l
Vorab: Kennt Ihr die Serie „Der Bachelor“ ? Darin ist ein Jungeselle auf der Suche nach seiner Traumfrau, die er aus 22 Bewerberinnen in 6 Wochen in einer Traumlocation auswählen darf. Fraglich ist, wer es ehrlich meint und wer nur spielen möchte. Erforderlich ist eine gute Strategie, um den „Bachelor“ um den Finger zu wickeln. Was ist Schein und was Sein?
Ein Abend wie aus tausendundeiner Nacht. Armand liegt auf einem samtenen Sonnenbett am Strand. Das sanfte Rauschen der Wellen ist die Musik dieses Films, und Armand spielt die Hauptrolle. Gleich wird Julia zu ihm kommen, in einem verführerischen Hauch von nichts, die Haut schimmernd und duftend. Nach Rosen? Oder Yasmin? Aus der dunklen Villa im maurischen Stil entweicht ein Lichtstrahl. Zerschneidet den Sand wie ein Schwert. Wie ein leuchtender Laufsteg. Eine helle Gestalt schreitet ihn entlang. Julia? Inga? Oder doch Samira? Ach – egal. Nach 8 Tagen kann Armand sich die Mädchen immer noch nicht merken. Weder die Namen noch die Gesichter. Sie unterscheiden sich in nichts. Schablonengemalte Brauen, geklebte Wimpern, aufgespritzte Lippen. Lange Haare in allen Schattierungen. Identische Körper. Kurvig. Braun. Wie soll er sie auseinanderhalten? Fast bereut er seine Zusage bei der Reality Show.
Damals, kurz nach der Scheidung von Monique, seiner ersten Frau, hatte er das für eine gute, zumindest aber witzige Idee gehalten. Die Bachelor-Produzenten waren überglücklich gewesen – und sein Security Chef James stinksauer. Ein millionenschwerer Investor als begehrter Junggeselle – da würden die Einschaltquoten in die Höhe sausen, und Armands Liebesleben wäre in aller Munde. „Wie stellen Sie sich das vor? Wer soll sie am Set inmitten eines Haufens liebestoller Weiber beschützen? Und wie?“, polterte James. Armands Teilnahme war vielleicht ein netter Werbegag, der von seinen jüngsten Rüstungs-Transaktionen mit einer osteuropäischen Macht ablenken konnte. Aber genauso gut konnte ein Geheimdienst eine Agentin einschmuggeln……
Nach den ersten Tagen und Begegnungen mit 8 identisch aussehenden, sprechenden und lachenden Damen sehnt Armand sich nur nach einem: Ruhe!
„Hallo, ich will dich gar nicht stören. Ich dachte nur, du magst vielleicht was trinken.“ Oh nein, nicht schon wieder. Die Mädels scheinen zu denken, dass er sie nur betrunken ertragen kann. Womit sie gar nicht so falsch liegen. „Frisch gepresster Orangensaft. Aber wenn du lieber ein Glas Champagner willst – ich glaube, da hinten kommt Julia mit einer Flasche Veuve und zwei Gläsern.“
„Danke – ich ziehe Orangensaft vor. Warte. Bleib stehn. Wer bist du? Kennen wir uns?“ Sie lacht. Offen. Nicht affektiert. „Dolores. Wir sind uns am Anfang der Woche vorgestellt worden. Aber ich erwarte nicht, dass du dich an mich erinnerst. Zu viele Mädchen in zu kurzer Zeit…“ Dolores lächelt. Ein wenig. „Unser Date ist für übermorgen geplant. Aber…“ „Aber?“ „Ach, nichts. Da ist Julia. Viel Spaß, Ihr zwei,“ sagt sie laut in Richtung der straffen Blondine, die sie misstrauisch beäugt. Hat die dumme kleine Außenseiterin vielleicht gerade gegen die Regeln verstoßen? Kann man sie dafür anschwärzen und heimschicken? Eine Konkurrentin weniger…
„Hallo, mein Süßer. Jetzt ist Schluss mit der Einsamkeit. Die süße Julia ist da, um dich zu verwöhnen“, gurrt sie und lässt sich ungefragt auf seinen Schoß gleiten. Wäre sie eine Taube, wurde er sie leicht verscheuchen können. Denkt Armand. Aber so…
Während Julia schnurrend an ihm herumzupft, versucht Armand, sich Dolores in Erinnerung zu rufen. Stimmt. Am allerersten Abend standen die Mädchen, aufgereiht wie die Orgelpfeifen, vor ihm auf der mit Lampions beleuchteten Terrasse. Langbeinige langhaarige junge Frauen, aufgeputzt zu dem Schönheitsideal, das dem Privatsender-Publikum am meisten entspricht. Armand stand einer Wand aus künstlichen Körpern und Lächeln gegenüber, aus der keine hervorstach. Aber nein. Links außen, einen halben Meter von der Beautywall entfernt, lehnte eine Frau an der Wand. Kein Mädchen. Definitiv. Cargohosen statt Satinmini. Kurzer Bob statt wallender Mähne. Ein Lippenstift in nude als einzige Konzession an die Maske. Graue Augen, die ihn stachen. Dolores.
„Kennst du Dolores? Wie ist sie denn so?“, fragt Armand und schieb sanft, aber bestimmt Julias Finger aus seinem Schritt. „Dolo wer? Ach diiiiieee. Langweilig. Kann sich über nichts unterhalten. Kennt keine Promis, war noch nie auf Ibiza und hat keine Ahnung von Mode und Makeup. Vergiss die. Die will sich nur an dir bereichern.“
„Und du nicht?“, fragt Armand. „Naklar“, Julia macht einen Schmollmund und sieht aus wie eine französische Bulldogge. „Aber von mir kriegst du wenigstens anständig was für dein Geld.“ Wieder schieben sich ihre dezimeterlangen roten Nägel seinen Oberschenkel hinauf.
„Entschuldige, aber mir ist nicht gut. Ich muss mich unbedingt bewegen. Komm doch einfach mit!“ Mit einem behänden Satz springt er von der Liege auf und joggt den Strand entlang, ohne sich nach Julia umzuschauen. Die versucht zunächst tatsächlich heldenhaft, mit ihren High Heels im weichen Sand Tritt zu fassen. Doch schon beim dritten Schritt knickt sie um.
Nach einer eingehenden Untersuchung durch den Teamarzt steht fest: das war’s für Julias Teilnahme am „Bachelor.“ Welche Erwartungen hatte sie an diese Woche geknüpft. Wie die meisten der Kandidatinnen war sie nicht mit der Hoffnung auf die große Liebe zum Casting gegangen. Die Show sollte sie berühmt machen. Sie wollte entdeckt werden. Von wem auch immer. Vom Bachelor, den Fotografen, die im Pulk vor den Zäunen der Villa lauerten, von einem der vielen Werbepartner. Zur Not auch vom Regisseur.
Aber als sie mit den anderen Mädels zusammen auf der Terrasse stand, hinter sich die märchenhafte Kulisse der Insel mit ihren weißen Häusern, die sich an die blühenden Hänge schmiegten, und den steilen Treppen dazwischen, mit den schroffen Klippen und dem weichen, weißen Sand, mit dem leise murmelnden Meer – als sie dort stand und Armand zu ihnen trat, da wusste sie, dass sie keinen Werbevertrag wollte und keine Einladung zum Modelkurs. Nein, Armand persönlich musste es sein. Und Julia wusste auch: ich kann es schaffen. Acht Tage hatte sie darauf gewartet, aber nun war der Zeitpunkt gekommen. Heute Abend wollte sie Armand verführen und für sich gewinnen. Nur ein paar romantische Stunden sollten sie von ihrem Lebensglück trennen, die neue Madame Arnaud, Ehefrau des milliardenschweren Investors.
Und dann das! Während sie ihre Koffer packt und auf Krücken durchs Zimmer humpelt, weiß Julia ganz genau, wem sie dieses unrühmliche Ende ihres Traums zu verdanken hat. Dolores. Und sie wird es ihr heimzahlen!
Julia ist nicht die Einzige, die Dolores für ihr Unglück verantwortlich macht.
Als er Armand partout nicht von der Teilnahme am „Bachelor“ abbringen konnte, ließ James ihm schließlich seinen Willen. Aber natürlich nicht, ohne seinen Boss auf seine ganz eigene Weise abzusichern. James, der ehemalige Fremdenlegionär, misstraute der laienhaften Security der Produktionsfirma. Und schleuste seine allerbeste Mitarbeiterin als last-minute- Kandidatin ein. Dolores.
Dolores stammt aus einem Clan, der ursprünglich im Libanon beheimatet war, bevor sich die Mitglieder in der ganzen Welt verteilten. Die meisten übten den Beruf aus, den sie am besten beherrschten. Kämpfen.
Dolores Vater war leider aus der Art geschlagen. Er studierte Literaturwissenschaft und fristet als Uni-Dozent an der Sorbonne ein im Vergleich zu seinen Brüdern, Cousins und Onkels ärmliches Dasein. Das sah auch seine Tochter so. Nach einem Jahr in Chicago kam Dolores mit mehreren Diplomen zurück. Allerdings nicht von einer renommierten Universität. Sie hatte stattdessen die Kunst des Kämpfens erlernt, und das zur Perfektion.
So war es nicht weiter verwunderlich, dass James bei seiner Rekrutierungstour auf Dolores aufmerksam wurde. Seitdem arbeitet sie in seiner Special Security Einheit und hat schon mehrere heikle Aufträge übernommen – darunter, während des ziemlich unappetitlichen Scheidungskriegs, die Entsorgung des letzten Liebhabers von Armands Noch-Ehefrau Monique. Wobei keiner auf den Gedanken kam, dass sie dem Mann, statt ihn zu töten, eine neue Identität als Fischer auf den Shetland-Inseln besorgt hat – unter Androhung des direkten Vollzugs der Todesstrafe, sollte er jemals zurückkommen.
Dolores hat ein weiches Herz. Wir werden sehen, ob das wirklich ein Makel ist.
Sie hat zwar die Nase gerümpft, als James sie für ihren Under Cover Aktion bei der Bachelor-Show gebrieft hat. Aber Job ist Job. Und so folgt Dolores Armand seit Drehbeginn wie ein Schatten. Effizient unsichtbar. Schon nach einem Tag tut ihr der arme Mann leid. Was will er hier? Er ist ja nicht dumm? Er weiß ganz genau, worauf es die Mädels abgesehen haben. Warum spielt er bloß mit? Die Gage braucht ER wirklich nicht. Also muss es ein politischer Schachzug sein. Oder ein persönlicher. Rache an der Ex vielleicht?
Heute Abend ist Armand schon lange vor dem geplanten Date mit Julia vor den gebündelten Banalitäten geflüchtet. An den Strand. Da hat Dolores in einem Moment unsäglichen Mitleids einen Krug mit Orangensaft zu ihm runtergetragen. Damit er nur für einen Moment aufatmen konnte.
„Was hast du dir dabei gedacht*, fragt James Dolores beim abendlichen Debriefing. „Ich bin nur in meiner Coverperson geblieben“, verteidigt sich Dolores. James antwortet nicht. Er will ihr nicht erzählen, dass Armand ihn beauftragt hat, alles über sie herauszufinden. Also über die Kandidatin Dolores. Er wird sich alle Mühe geben, ihr so viele Skandale anzuhängen, dass Armand sie nicht mal mit der Kneifzange anfassen wird. Dolores. Die Unnahbare, Kühle. Die Berechnende und Berechenbare. Bis heute. Stimmt es wirklich, dass sie Armand aus ihrer Rolle heraus den Saft gebracht hat? Oder ist da mehr?
Ja, da war mehr. Am nächsten Tag wirft Armand den Bachelor-Drehplan um und fährt mit Dolores im Cabrio über die Insel. Sie essen in einem Fischerdorf fangfrische Garnelen aus einer Tüte Zeitungspapier. Trinken offenen Rotwein – und reden. Armand erzählt ihr sein Leben. Die behütete Kindheit, die Einsamkeit eines kleinen Genies. Die Gründung seines Imperiums. Monique. Anfang und Ende seiner Ehe. Er fragt und will alles über Dolores wissen, aber es gelingt ihr, die Wahrheit zu verschweigen, ohne zu lügen.
Und am Tag darauf fliegen Armand und James zurück nach Paris. Mit Dolores und einem ovalen Lab-Grown-Diamanten von 12 Karat als Verlobungsring. Die Kosten für die geplatzte
Produktion zahlt Armand aus der Portokasse.
James ist außer sich. Genau wie Monique, die er sofort nach ihrer Rückkehr über die neuesten Entwicklungen informiert. „Wie konnte das passieren?“ „Keine Ahnung.“ „Biete ihr einen anderen Job. Weit weg. Biete ihr eine Million. Oder zwei. Sie ist hinter seinem Geld her. Was hat sie bei dir schon verdient? Jetzt wittert sie Morgenluft, Ist doch klar.“ Aber so einfach liegt die Sache leider nicht. Denn Dolores hat sich in Armand verliebt. Ernsthaft verliebt.
„Dann musst du ihm eben reinen Wein einschenken. Oder besser ich mache das. Wenn er weiß, dass sie nur ein Bodyguard ist und sich seine Gunst praktisch erschlichen hat, lässt er sich sofort fallen.“
James ist da anderer Meinung. Er kennt seinen Boss besser als die Ehefrau dies tut. Nein. Und wenn Dolores eine Killerin wäre – Armand ist verliebt. Er wird nichts gelten lassen.
Doch James hat nicht vor, das Happy End tatenlos mit anzusehen. Er will die Hochzeit unbedingt verhindern und gleichzeitig Dolores dafür bestrafen, dass sie sich nicht für ihn entschieden hat. Dabei hatte James alles schon perfekt geplant. Noch ein Jahr in seiner Truppe, dann wäre Dolores die beste weibliche Kampfmaschine der westlichen Hemisphäre gewesen. Und ihm absolut ebenbürtig, Dann hätte er ihr das größte Geschenk gemacht und ihr angeboten, seine, James McMurdochs Frau zu werden. Ein Angebot, das sie unmöglich hätte abschlagen können. Dachte er.
Nun, wenn er sie nicht haben kann, soll Armand sie jedenfalls auch nicht kriegen! Er hat schon kurz mit dem Gedanken gespielt, sie mit einem präparierten Auto die Küstenstraße entlangfahren und an geeigneter Stelle die Klippen hinabrasen zu lassen. À la Grace Kelly. Aber dann wäre sie auf der Stelle tot. Und er will doch, dass sie leidet. Ja, sich in ihrem Leid vielleicht sogar ihm, James zuwendet. Bittend. Weinend. Auf Knien. Aber dann wird es zu spät sein. Er wird sich abwenden, die Schultern zucken und sagen: je suis désolé, ma petite. Ich kann nichts mehr für dich tun!
Aber dann, als er schlaflos auf der obersten Terrasse von Armands schlossähnlicher Villa vor den Toren von Paris dem Vollmond sein Dilemma klagt, schwebt eine Fledermaus vom Dach herunter, verfängt sich in seinem Haar – und krallt sich eine Schrecksekunde lang in seiner empfindlichen Kopfhaut fest. Bevor er sie greifen kann, befreit sie sich mit einem schrillen Schrei und schwingt sich in den nächtlichen Sommerhimmel.
„Man müsste euch alle töten, Pack!“, schreit Armand der Fledermaus hinterher. Und da weiß er, was er tun muss. Sieht den ganzen Plan vor sich, in seiner genialen Einfachheit. Er wird einen Hinterhalt inszenieren, in dem ein paar seiner Männer das Leben lassen werden. Er hat sie schon im Blick, Claude, Mike, Silver, vielleicht. Die Schwächsten, Unzuverlässigsten, die Aufmüpfigen. Drei Fliegen mit einer Klappe!
Danach wird er Armand von einem Gespräch mit dem Polizeipräsidenten berichten – streng vertraulich, natürlich. Ein Informant habe glaubwürde Beweise dafür, dass ein libanesischer Clan hinter dem Angriff stecke. Im Auftrag eines hochrangigen Saudiarabischen Prinzen, der Armands Imperium ins Wanken bringen und dann günstig aufkaufen wolle. Ein Milliardenschnäppchen, sozusagen.
Der Pariser Polizei seien die Hände gebunden, wir er Armand erzählen. Der Polizeipräsident habe ihm quasi einen Blankoschein für die Ausrottung des Clans gegeben. Durchaus im gegenseitigen Interesse.
Danach wird James zu Dolores gehen. Er wird ihr sagen, dass Armand in Absprache mit der Pariser Polizei ihren Vater töten wird, zusammen mit ihrem Onkel und dessen Söhnen, die sich gerade zu Besuch bei Dolores Familie befinden. Weil er sie, die Mitglieder des libanesischen Clans, für die Mörder seiner Leute hält.
Und es wird nur einen Menschen geben, der – oder vielmehr die – dieses sinnlose Blutbad verhindern kann. Wie wird Dolores sich entscheiden? Sie kann nicht zu Armand gehen, ohne ihren familiären Background preiszugeben. Aber wenn sie ihren Onkel und die Cousins zum Flughafen begleitet und mit ihnen nach Chicago fliegt – One Way, versteht sich – dann, das verspricht ihr James, wird ihre Familie verschont werden.
Ein genialer Plan!
Dolores liegt währenddessen nichtsahnend auf dem Bett und grübelt. Wie so oft, seit sie aus der Wirklichkeit in diese parallele Märchenwelt gestolpert ist. In diesen Traum, aus dem sie jeden Moment aufwachen wird, hoffentlich. Denn sie erkennt sich gar nicht wieder. Hat sich in Armands Augen verloren. Er hat sie in die Arme genommen, und nun schwimmt sie in einem Meer von Gefühlen, die sie bislang nie gespürt hat. Sie klammert sich an jede Minute mit ihm, als müsse sie ohne sein Lächeln ertrinken. Und sie versteht sich selbst nicht mehr. Ihr Vater würde diesen Zustand Liebe nennen und ihr eine Auswahl an Büchern anbieten, aufgeschlagen, mit markierten Worten und Passagen, in denen Dichter und Dichterinnen diese Emotionen zu beschreiben, zu be-greifen versuchen.
Wie sinnlos, denkt Dolores. Wenn du denkst, verlierst du dich im Strudel des Fühlens und gehst unter. Besser du lässt dich einfach treiben.
James holt sie zurück in die Gegenwart. Erstürmt in ihr Zimmer, ohne anzuklopfen. Und als er zu sprechen beginnt, mit Sorgenfaltenstirn und leiser Kümmerstimme, da schlagen die schwarzen Wogen über ihr zusammen. Gefühle, ja, aber keine Liebe. Hass.
Gestern Nacht, sagt er, wurden ein paar von unseren Security Männern in einen Hinterhalt gelockt. Von Mitgliedern eines libanesischen Clans. Drei Männer sind tot, Freunde von Dolores. Jetzt geht es um Vergeltung. Der Clan muss vernichtet werden. Und alle, die ihm angehören. Der Polizeipräsident deckt die Aktion. Berichtet James.
Dolores ist nicht dumm. Sie versteht seinen Plan. Bewundert ihn sogar. Gut gedacht. Gut gemacht. Drei Fliegen! Sie hört zu, ohne James zu unterbrechen. Ohne eine Frage. Ohne eine Klage, sogar. Sie nickt und bittet um einen Abend, nein, nicht Bedenkzeit. Zeit, um alles zu organisieren. Die Tickets zu kaufen. Den Eltern eine glaubwürdige Geschichte zu präsentieren, eine nachprüfbare.
Und James willigt ein. Er ist nicht enttäuscht, weil Dolores nicht geschrien hat, nicht geweint, nicht gefleht. Das hat sie ohnehin nur in seinen Träumen, von denen er wusste, dass sie nie wahr werden würden. Aber die Schwingung in ihrer Stimme bebte vor verletztem Stolz. Das hat er gemerkt. Und zehrt davon, genießt jeden Bissen dieser Erinnerung, während ihm nichts weiter bleibt als die Zeit, bis sie verrinnt.
Showdown: Dolores arrangiert ein Gala-Dinner. Lädt alle dazu ein. Erklärt Armand, dass er sie im Grunde noch gar nicht allen Bekannten vorgestellt hat. Auch seine Exfrau Monique soll kommen. Auch der Polizeipräsident. James sagt sie, dass sie sich mit einem „boom“ verabschieden möchte. Sie zeigt ihm die Flugtickets, ihr Gepäck ist bereits am Airport. Alle Verträge gekündigt. Der misstrauische James ist beruhigt.
Es wird ein fürstlicher, ein königlicher Abend. Alt funkelndes Silber, Glen Geschirr mit einem Meer verstreuter Sommerblumen, Baccarat Kristallgläser, jedes ein schimmerndes Unikat. Auf dem weißen Leinen türmten sich kulinarische Köstlichkeiten. Die Gäste werden von einem livrierten Butler angekündigt. An jedem Platz liegt als Gastgeschenk ein kleines Aktienpaket.
Das Essen ist mehr als einen Stern wert – natürlich, denn es sind mehrere Sterne-Köche und Köchinnen am Werk. Fleisch und Fisch, Gemüse, vegane Kreationen aus den besten Küchen der Welt. Desserts, Obst und Torten. Ein lukullisches Fest.
Als der Champagner in den Gläsern perlt, erhebt sich Armand. Er dankt den Gästen und wendet sich Dolores zu: „Ganz besonders danke ich meiner Dolores. Sie hat dieses Fest für mich arrangiert. Für uns!“
Sie steht auf, ein schwarzes Ausrufezeichen inmitten der bunten glitzernden Abendgesellschaft. Ihre grauen Augen blitzen, als sie sagt: „Armand, Lieber, danke. Aber ich habe noch eine Überraschung. Denn der Dank gebührt nicht nur mir, sondern vor allem auch unserem unglaublichen James McMurdoch!“
Aller Augen suchen den Mann im dunklen Anzug, der sich über seine Muskeln spannt. Und finden ihn direkt am Eingang. Er bewacht die Tür. Damit niemand hinein aber auch nicht hinaus kann. „Mesdames et Monsieurs, erheben Sie das Glas auf den Boss der AA Security“, ruft Dolores. Und spricht ein einziges leises Wort in ihr Headset, das so gut in ihrem schwarzen Haar verborgen war. Nicht einmal James hat es bemerkt.
Zwei Klicks, und die Wand gegenüber von Armand öffnet sich, gibt einen Monitor frei. Darauf erscheinen bewegte Bilder. Ein Film? Die Gäste raunen. Entzückt, zunächst. Dann kippt die Stimmung in höfliche Verwirrung. Schließlich in stummes Entsetzen.
Auf dem riesigen Monitor sind Menschen zu sehen, schwarz gekleidet, mit Maschinengewehren bewaffnet. Sie stürmen einen dunklen Gang hinunter. Plötzlich eine Explosion vor ihnen. Und aus dem Loch., das eben noch eine Eisentür war, dringen Schusssalven. Schreie, Claude! Mike! Silver! Merde!!!! Und dann, über dem Gewirr von Stöhnen, Schreien und Schüssen glasklar die Stimme von James McMurdoch: „Mission erfolgreich. Drei Mann exekutiert. Gut gemacht, mes amis. Rückzug. Eure Belohnung erwartet euch im Hauptquartier.“
Der Bildschirm wird schwarz. Alle Augen suchen den Mann im dunklen Anzug, der sich über seine definierten Muskeln spannt. Jetzt greift er unter sein Jacket nach seiner Waffe. Zwei paar Hände drehen seine Arme nach hinten. „Danke Yves, danke Jaqueline. Wir werden den Tod unserer Freunde nicht ungesühnt lassen.“ Dolores spricht, nicht ins Headset, sondern laut in die Totenstille des Saales hinein.
Armand und die Gäste drehen sich zu James, dann zu Dolores. „Ich bin ein Dolores Hatoum. Dein Bodyguard. Die Beste. Abgestellt, um über dir zu wachen. Willst du mich heiraten, Armand Arnaud?“
„Ich glaube, du hast mich inzwischen schon zweimal gerettet. Mindestens. Ja, Dolores Hatoum. Ich will“ Klatschende Gäste. Während der Polizeipräfekt aufsteht und James eigenhändig abführt. Champagnerkorken knallen. Monique schiebt sich an der Wand entlang Richtung Ausgang. Bleibt plötzlich stehen. Hebt den Kopf. Strafft die Schultern. Greift nach dem nächstbesten Glas und ruft laut: „Vive la nouvelle Mme Arnaud.“
