Endlich Sonne! „Schau, der Frühling lacht! Tolles Wetter. Komm, ich mach uns was zu essen, und dann gehen wir spazieren!“ Mit einem Lächeln, so breit wie der Lichtstrahl, der auf seinem Weg von der Terrassentür zum Barockschrank die Staubkörner tanzen lässt, im Wohnzimmer, versuche ich, meine Mutter aus dem Phlegma zu locken, in dem sie sich die letzten Regentage über eingeschlossen hat.
Umsonst. Mürrisch kramt sie im hintersten Winkel des Garderobenschranks. „Was suchst du, Mum?“ frage ich. „Nichts. Lass mich.“ Und dann: „Ich hatte sie hier auf den Boden geworfen. Gestern. Jetzt ist sie weg.“ „Wer ist sie?“ „Mein grüne Jacke. Die ich die ganze Zeit anhatte.“ Sie hat keine grüne Jacke dabei. „Wir suchen sie gemeinsam. Überall. Wird schon auftauchen.“ Doch da ist sie bereits wieder die Treppe hinaufgestrichen in ihrem ungleichmäßigen Schattengang.
„Mum, Essen ist fertig.“ Auf grünen Tellern habe ich appetitliche Brockoliröschen drapiert, mit Käse bestreut und obenauf eine sattgelbe Soße geträufelt. Ein Bett aus knackigem Salat duftet nach Basilukumöl, auf den Tomaten liegt eine feine Balsamico-Spur. Ofenfrisches Brot garniert den Tellerrand. „Oh, du weißt doch, ich verdaue nur getoastetes Brot“, kommt es zwischen den herabgezogenen Mundwinkeln hervor. „Ja, es kommt frisch aus dem Ofen, Mum“, sage ich.
Sie setzt sich, schaut auf den Teller. Und fängt plötzlich ganz unvermittelt an, zu schluchzen. Ich umfange ihre schmalen Schultern. Mitleid steigt warm in meinen Hals. „Was ist, Mum?“ Und ich denke – ja wirklich, das denke ich – „jetzt ist sie gerührt ob der Liebe, mit der sie umsorgt wird, hier.“ Und verzeihe, wo nichts zu verzeihen ist. Spüre meinen Tochterschmerz schmelzen.
„Ach, es ist schrecklich.“ sagt sie. „Was denn, Mum?“ „Die vielen Kinder, die in Kliniken von bösen Ärtzen verkauft werden! Kriminell! Steht alles in der Zeitung!“
Ich lasse ihre Schultern los. Setze mich auf meinen Platz. Und schlucke, bevor ich einen Bissen in den Mund geführt habe.