Ich kann deine Schritte nicht mehr hören
ohne Rhythmus schlagen sie den Boden
schleppen deine Tritte immer hinter mir.
Ich kann deine Lippen nicht mehr sehen
fablos ausgefranste
faltig schmale Striche, festgenäht im Widerspruch.
Ich kann deine Härte nicht mehr spüren
Jedes klingenspitze Wort
dringt sinnentleert am Kopf vorbei ins Herz.
Ich will dich schmatzen sehen, wangenweinrot die Vergangenheit im neuen Licht erfindend.
Ich will – dass du mich nocheinmal anschaust, so, als wäre ich dein Kind.
Bevor ich deine Schritte nie mehr hören werde.
Das Meer der Verwirrtheit. Wie leicht verlieren wir uns darin – und dann spült es uns ganz unerwartet ans Gestade der Vernunft und der Vernünftigkeit, dann, wenn und von wem wir es am wenigsten erwarten. Hast du diese Erfahrung auch schon gemacht? Neugierig bin ich auf diesen Bildband, den ich mir unbedingt anschauen möchte! Vielen Dank!
Sehr beeindruckt haben mich Deine Worte, liebe Jola. Für manche ist „Morbus A.“ (Walter Jens) wie die Apokalypse, für die Nahestehenden gleicht es dem Fegefeuer. Siechtum und Verfall der Alten beobachte und begleite ich als beruflich Pflegender schon seit Jahrzehnten. Die Angst, mich im Meer der Verwirrtheit zu verlieren, spüre ich trotzdem noch. Ans sichere Ufer zurück zu kehren, ist immer wieder erleichternd. Ja, und heitere Momente sind selbst im Untergang (die Bordkapelle der Titanic) noch möglich.
Mich beeindruckte ein Bildband aus den USA: „Gramp – ein Mann altert und stibt“, Die Begegnung einer Familie mit der Wirklichkeit des Todes, Autoren: Mark Jury, Dan Jury
… und traurig. es wird nie mehr einfacher, das alter hat keine zukunft. das finde ich am schlimmsten. liebe grüße, mara
Liebe Mara, danke. Auch dir liebe Grüße!
Einfach wunderschön!
Und trotzdem muss ich feste schlucken.
Meine liebste Tante, wird in diesem Jahr 90, lebt seit 3 Jahren im Pflegeheim.
Nach mehreren Hirnblutungen ist sie körperlich hinfällig und kann nur noch sekundenweise behalten , was man ihr sagt. Die Antworten sind häufig schwer verständlich.
Es ist unfassbar, dass alles mit einem Schlag vorbei ist: lange Auslandstelefonate, seitenlange Briefe, Austausch über Lesestoff und Gartenarbeit, über Lieblingsrezepte und Enkel/Urenkelkinder.
Liebe Grüße
Ingeborg
Liebe Ingeborg,
du beschreibst, was wir täglich erleben und nie fassen können. WIr glauben zu verstehen, dass Leben und Tod sehr nahe bei einander liegen. Und vergessen dabei gerne die Grauzone, die dazwischen liegt. Auch meine Mutter sagt gerne, wenn ich sie darauf hinweise, dass sie ihre Medikamente nehmen und genug trinken sollte, „ich bin doch schon so alt. Wenn ich sterbe, ist das an der Zeit“. Sie bedenkt nicht, dass zwischen Leben und Sterben so etwas wie „Vegetieren“ liegen kann. Dieses Niemandsland, in dem du unerreichbar bist – für deine Liebsten und auch für dich selbst…. Ich verstehe dich gut, Ingeborg. Aber vielleicht spürt deine Lieblingstante zuweilen etwas von eurer Zuneigung, auch, ohne es zeigen zu können….. Liebe Grüße Marie
Liebe Maria-Jolanda (so lang der Name…),
Sie haben geschrieben: „…daß Du mich noch einmal anschaust…“
Also hat Ihre Mutter das doch getan. Als sie noch frei und gesund war.
Jetzt kann sie nicht mehr über ihr Leben bestimmen und Ihnen ihre Liebe nicht mehr vermitteln.
Aber früher war es doch anders? Halten Sie sich an der Erinnerung fest!
Es ist mehr, als manche haben.
Ich umarme Sie, als unzulänglicher Ersatz.
Danke.. Ja, unsere Erinnerungen….. oft sind sie wie unsere eigene Fassung des Films, die, mit der wir am besten auskommen 🙂
ich würde gerne „gefällt mir“ drücken, doch da ich mich hier nicht auskenne, bekommst du einen post 🙂 berührend schön!
Danke …….!!