Ich bin wieder hier. Bei mir. Heute morgen habe ich die Augen aufgeschlagen und mein Schlafzimmer gesehen, zum ersten Mal seit vier Tagen. Ich meine, so richtig gesehen. Mit graden Wänden und ohne schwarze Männer. Gestern Nacht haben sie noch in meiner Wohnung einen Veitstanz aufgeführt, dem ich machtlos zuschauen musste, so ungefähr als stünde ich in einer Grotte hinter einem lauten Wasserfall und beobachtete das Geschehen am Ufer. Woher kamen die bloß? Sicher noch Reste meiner letzten Erinnerungen auf dem Autobahn-Parkplatz. Überhaupt: was ist da passiert? Franck hat mir auf meine dahingestammelten Frage-Fetzen nichts weiter geantwortet als „Später, Engel, werd erst mal wieder gesund“. Jetzt sehe ich ihn nirgends. Rufen mag ich nicht. Ich bin froh, allein zu sein, und schäme mich gleichzeitig dafür. Er war so nett zu mir. Hat mich gepflegt. Aber was hatte ich eigentlich? Mein Kopf fühlt sich immer noch an wie mit Watte gefüllt, meine Beine wie Wackelpudding. Aber von einer komischen Unruhe getrieben kämpfe ich mich aus den Laken und auf die Füße. Die vier Meter zum Bad sind ein Schneckenweg. Aus dem Spiegel schaue ich mich an. Ich sehe aus wie immer, nur etwas blass und Ränder um die Augen. Keine Blessuren. Ich schiebe das Schlafshirt hoch und begutachte jeden Zentimeter meiner Haut. Nichts. Nicht mal blaue Flecken. Naja, Gehirnerschütterung siehst du zwar nicht unbedingt, aber meistens hast du die ja irgendwo her. Ich hocke mich auf den Wannenrand. Er kratzt auf meiner nackten Haut wie Kiesel. Mechanisch wische ich über das weiße Email. Körner bleiben auf meiner Hand. Winzige weiße Körnchen. Scheuerpulver? Ich lecke vorsichtig daran. Kenn ich nicht, den Geschmack. Aber kein Putzmittel, soviel steht fest.
Obwohl, Franck muss sauber gemacht haben. Wozu sonst der Wischeimer und der nasse Putzlumpen? Ich höre den Schlüssel im Schloss. „Scheiße“ ist meiner erster Gedanke. Und mein zweiter: Gisa, wovor hast du Angst. Das ist sicher nur Franck. Eben. Denke ich. Während kalter Schweiß an mir herunterrieselt.