Armes Würstchen
„Jesses, der Monsignore ist tot!“ Die Huberin stürzte aus der Küche, wo sie gerade anfangen wollte, ihrem Dienstherren das Frühstück zuzubereiten. Die Mär vom großen Haushalt eines Ordinariats hielt sich zwar hartnäckig, aber entgegen aller Gerüchte und der Pater Braun Verfilmungen gab es im Haushalt von Kardinal Maier und Monsignore Ehrengut kein Hausmädchen und auch keinen Chauffeur, und die Huberin kam jeden Morgen punkt acht ins Haus, um den geistlichen Herren das Frühstück zu machen. Als erstes setzte sie das Teewasser auf, dann bestrich sie die unterwegs gekauften Buttercroissants mit selbstgemachter Marmelade, stellte eine halbe, gezuckerte Grapefruit und ein Joghurt auf ein großes Tablett und ging die Treppe hinauf. In seinem Zimmer lag der Monsignore nicht etwa auf der faulen Haut, sondern studierte im Internet eine Seite, die er regelmäßig wegklickte, wenn die Huberin auf leisen Sohlen das Zimmer betrat. „Können Sie denn nich anklopfen, Frau Huber? Sie haben moch schon wieder erschreckt!“, schimpfte der Monsignore jedesmal, und jedesmal antwortete die Huberin pflichtschuldigst mit einem angedeuteten Hofknicks „entschuldigung. Nächstes Mal.“ Bei dem Gedanken daran, dass es ab heute kein nächstes Mal geben würde, rollten der Huberin zwei dicke Tränen über die roten Wangen. Dann erst fiel ihr ein, dass der Kardinal wahrscheinlich noch am Leben und oben in Erwartung seines Frühstückes sein würde, und mit schwerem Herzen trug sie den Tee, ein Croissant und den Joghurt nach oben, zusammen mit der Hiobsbotschaft vom Tod des Monsignore.
„Sie haben ihn also in der Küche gefunden. Was wollte er denn da?“ Der Kommissar tat sich schwer mit dem Fall des toten Geistlichen. Er war überzeugter Atheist, und die Atmosphäre erschien ihm weihrauchgeschwängert und jedenfalls ungesund glaubensgetränkt. „Na ja, ich weiß es nicht. Das herauszufinden ist doch Ihre Aufgabe, Herr Kommissar“, sagte die Huberin. „Aber wenn er in der Küche erstochen wurde, dann denke ich, er hat einen Einbrecher überrascht, nicht wahr?“ „Das Denken sollten Sie lieber der Polizei überlassen, gnädige Frau“, antwortete der Kommissar von oben herab. „Ganz ehrlich, was könnte der Einbrecher denn gesucht haben, in der Küche des Ordinariats? Ist ihm vielleicht der Kaffee ausgegangen? Und weil der Monsignore so unchristlich war und ihm keinen geben wollte, hat er ihn erstochen, ha?“
Während der Kommissar sich mit dem Kardinal unterhielt – eigentlich hatte er ihn befragen wollen, aber irgendwie war er von dem imposanten Mann mit dem weißen Haarkranz in ein Gespräch verwickelt worden, das sich sehr bald um alles mögliche drehte, nur nicht um den Mord am Monsignore – währenddessen also machte sich die Huberin in der Küche auf die Suche nach etwas, das fehlte. Sie wusste nicht, was, aber etwas musste ja fehlen. Wozu sonst der Einbruch? Die Entdeckung, die sie dann machte, verriet ihr in aller Deutlichkeit, was geschehen war.
Sie nahm das Würstchenglas aus dem oberen Regal links neben der Dunstabzugshaube. Statt Würstchen steckte dort fein säuberlich eingerollt ein ganzes Bündel 500-Euro-Scheine. Mit dem Bündel in der einen und dem Würstchenglas in der anderen Hand ging sie nach oben in die Räume des Kardinals. Sie betrat das Arbeitszimmer, ohne vorher anzuklopfen, und reagierte auf den verärgerten Ausruf des Kommissars und den verwunderten des Kardinals mit einem verächtlichen Schnauben.
„Deswegen wurde der Monsignore umgebracht“, sagte sie und streckte beide Hände weit aus. Und zwar von Ihnen, Herr Kardinal! Sie haben mit dem Geld des Erzbistums spekuliert. Ihre Gewinne haben Sie in diesem Wurstglas versteckt. Aber der Monsignore ist Ihnen auf die Schliche gekommen. Er hat im Internet Ihre Spuren verfolgt. Und heute wollte er das Glas heute an sich nehmen. Sie haben ihn bis in die Küche verfolgt, ihn getötet, um es wie einen Einbruch aussehen zu lassen, und das Würstchenglas unschuldig ins Regal gestellt. Herr Kommissar, ich bin sicher, die Spurensicherung wird die entsprechenden Fingerabdrücke auf dem Glas finden.“
„Das ist doch…. absurd! Wie sind sind überhaupt auf das Glas gekommen?“, fragte der Kommissar. „Ganz einfach, der Kardinal ist Vegetarier, und der Monsignore isst kein Schweinefleisch. Ich kenne ihn gut, wir sind beide vom Vatikan als verdeckte Ermittler eingesetzt worden, weil der Kardinal schon länger unter Verdacht stand.“
Realitätsbezug: Heute haben Finanzermittler des Vatikans bei einer Razzia in den Räumen eines Kardinals in einer Würstchendose 20 Tausend Euro gefunden.
Auf diesem Gebiet versteht man so viel nicht…
🙂
🙂
Und das bei jemandem, wo es mich richtig freut.
verstehe jetzt gar nicht, wen du meinst :-)))))