Der wahre Tatort
Der Sonntagabend ist mir heilig. Tatortzeit. Vorher noch schnell die Rolläden runterlassen, schließlich ist es draußen bitterkalt. Und stockdunkel. Plötzlich wird der Garten nebenan in gleißend helles Scheinwerferlicht getaucht. Eine Gestalt macht sich am Tomatenbeet zu schaffen. Ich gehe näher ans Fenster. Schaue hinab. Es ist der Neue aus der WG. Mit einem großen Spaten schlägt er die gefrorene Erde auf. Schon türmt sich ein großer Haufen neben dem Beet. Sieht aus wie ein Grabhügel. Sauberes Bürschchen, denke ich. Erst erwische ich ihn, wie er sich an meinem Streusalzeimer in der Garage zu schaffen macht. Ganz offensichtlich will er mein Streusalz klauen will. Dann macht er ein Riesentheater, als ich das Säckchen wieder in meinen Salzeimer ausleere.
Und jetzt das! Wahrscheinlich hat er seinen Mitbewohner umgebracht. Nicht nur ein Dieb, sogar ein Killer! Ha, der glaubt, hinter den meterhohen Hecken sieht keiner, was er treibt. Außer mir. Ich werde ihn stellen. Mit dem Fotoapparat in der Hand schleiche ich aus dem Haus um die Garage.
„Herr Nachbar, ich hab’s gewusst. Ihre Neugier bringt sie nochmal um. Eigentlich schade um die Ladung „Salz“.“ Ich höre seine Stimme, ich spüre einen Stich. Dann explodiert die Nacht, und ich stolpere in mein frisch ausgehobenes Grab.