AdventsKalender MiniKrimi vom 10. Dezember 2016


(Ruf)Mord unter Schwestern

Einigkeit macht stark. Auch wortstark. Katharina hatte immer das Credo vertreten, dass Frauen nur durch Netzwerkarbeit nach vorne kommen, an die Stelle in der Gesellschaft, an die sie gehören. Dafür müssen allerdings erst mal die Männer Platz machen. Aber davon können sie durch ein Netzwerk gut ausgebildeter Frauen besser überzeugt werden als von einer qualifizierten Einzelkämpferin. Die Einladung in den Damenclub war genau zum richtigen Zeitpunkt gekommen. .Bei der feierlichen Einführung las sie ihre Rede ab, um nur ja genug von „Ehre“ und „Dank“ zu sprechen. Aber dann kam alles anders. Statt Lobbyarbeit für ihre Mitglieder im besonderen und Frauen im allgemeinen zu machen, trafen sich die Damen lieber in regelmäßigen Abständen zu Gourmetverkostungen von zumeist männlichen Chef de Cuisines, besuchten Ausstellungen großer Maler, Konzerte berühmter Virtuosen, und, aber nur heimlich und in kleinen Gruppen, bestimmte Outletsiedlungen.

Bald verstand Katharina, warum nur berufstätige Frauen in sicherer Position aufgenommen wurden – der Clubstandard erforderte doch erhebliche Ausgaben. „Wenn ich schon soviel zahle, will ich auch was davon haben“, sagte sich Katharina. Sie brauchte einen Plan. Sonst würde sie nie an den Chefsessel in der Anwaltskanzlei rankommen, den sie angepeilt hatte.

Beim Weihnachtessen mit Partnern kam Priscilla, die Vorsitzende, an Katharinas Tisch, um dem Neuling ihr Perlencollier und ihren Mann vorzuführen. „Es gibt also doch noch Zeichen und Wunder“, dachte Katharina, die den Mann sofort erkannt hatte. Jetzt hieß es, die gebotene Chance zu gestalten. Der Champagner floss reichlich, Priscillas Ehemann war Katharinas Reizen so gar nicht abgeneigt.

Es half ihm nichts, dass er ein paar Tage später den One-Night-Stand zu leugnen versuchte. Das Handyvideo auf der Toilette war ebenso deutlich wie die Kündigung, die Priscillas Vater und Seniorchef der Kanzlei persönlich unterzeichnete. Übrigens auf dem selben Schreibtisch, auf dem die Bewerbungsunterlagen einer jungen Anwältin lagen. „Sehr beeindruckend“, erzählte er Priscilla später. „Welch ein Glück, dass Antons Sessel gerade frei geworden ist. Leider darf ich Dir nicht mehr über sie sagen, Du weißt ja, Firmengeheimnis. Schade, denn sie würde Dir sicher gefallen. Und hätte vielleicht auch gut in Euren Club gepasst“.

 

 

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