Kein Friedensengel


Als Barack Obama 2009  – verfrüht und unverdient, wie viele urteilten – den Friedensnobelpreis erhielt, sagte er in seiner Dankesede, „die Instrumente des Krieges müssen eine Rolle spielen bei der Bewahrung des Friedens. Alle verantwortungsbewussten Nationen müssen den Beitrag nutzen, den Militärs mit klarem Auftrag zur Erhaltung des Friedens beitragen können.“ Ob dieser unfriedlichen Offenheit schaute das Publikum damals „ernst. Oder versteinert“, schrieb die „Welt“. Und heute? Heute sieht die Weltöffentlichkeit, wie weit ein amerikanischer Präsident geht, um diese sich zwar selbst erteilte, von ihr allerdings im Vorfeld sanktionierte, Mission zu erfüllen.

In der Tat. Spätestens seit dem Befehl, der zur Ermordung Osama Bin Ladens führte, wird auch dem letzten Zweifler klar, wie der jüngste amerikanische Friedensengel seinen Auftrag zur Unterstützung des Weltfriedens versteht. Und dass dieser immer einer singulären Prämisse unterstellt ist: dem Wohlergehen seines, des amerikanischen, Volkes. Das muss so sein. Er ist Präsident der letzten Weltmacht klassischen Gepräges. Die Enttäuschung, die sich heute breit macht, vor allem in pazifistischen Verehrerkreisen, fußt daher auf einer Fehlinterpretation der Person Obamas. „Wie kann es sein, dass ein Friedensnobelpreisträger eine Bande von Angreifern und Eroberern anführt?“, fragte der linksgerichtete bolivianische Staatschef Morales am Montag und verlangte die Aberkennung des Nobelpreises an das amerikanische Staatsoberhaupt. Nun mag es sein, dass aus Morales auch die nachhaltige Enttäuschung über die für ihn zu hoch gehängten Trauben spricht, war er doch selbst zeitgleich mit Obama für den Preis nominiert. Dennoch. Was er sagt, entbehrt nicht einer gewissen Logik.

Und wenn es vor drei Jahren noch als heldenhafte Ehrlichkeit erscheinen konnte, dass Obama nicht einmal den Versuch machte, sich einzureihen in die Riege von Mutter Theresa bis Nelson Mandela – heute fragen wir uns, ob diese Kommissionsentscheidung nicht ähnlich bedenklich war wie die für, sagen wir, das Trio Arafat, Peres,Rabin, Henry Kissinger oder Kim Dae-jung. Ach, die Liste der Friedensnobelpreisträger, die sicherlich im Laufe ihrer langen politischen Karrieren das eine oder andere Mal für den Frieden Partei ergriffen hatten, aber auch dem Krieg als zweckgeheiligten Mittel nicht unbedingt widersprochen hatten, ist lang.

Der Weg zum Frieden führe eben zuweilen durch Kriegsgebiete. Sagte Obama ja offen. Vielleicht ist die Nobel-Jury einfach realistischer, als wir annehmen?

Dennoch. In meinen Augen besteht ein gravierender Unterschied zwischen den kriegs- und friedenspolitischen Aktionen der Vergangenheit und dem Geschehen der letzten Jahre und besonders Monate in der arabischen Welt, in Pakistan, dem Irak und in Afghanistan. Das Wort der globalen Friedensverteidigung mit den Mitteln des Kriegs hat eine neue Dimension gewonnen, indem sie mühsam erkämpfte Völkerrechte zunichte macht, in einer partisanischen Art, die schleichend daherkommt uns friedliche Aufbauarbeit zu unterminieren droht.

Weshalb auch ich im Grunde der Meinung bin, dass Barack Obama den Friedensnobelpreis zurückgeben sollte. Nicht, weil diese Auszeichung einem weltfremden Ideal gewidmet sei, dem er nicht nachkommen könne. Sondern, weil durchaus berechtigterweise die für sein Land und seine Karriere nötige Politik betreiben muss – dafür aber nicht einen Preis hochhalten sollte, der seine Träger nicht an den kriegspolitischen Anforderungen, sondern an friedensstiftenden Bemühungen misst.

Und was meint Ihr?

5 Antworten auf “Kein Friedensengel”

  1. Hallo junges Mädchen,
    weil Sie sich immerhin Gedanken machen, weil ich nicht will, dass Sie weiterhin in ihrem jugendlichen Leicht-Sinn ihre unausgegorenen selbstverliebten Fantastereien in die Welt posaunen und weil ich nicht ganz so bösartig bin wie es den Anschein haben will, möchte ich Ihnen Lektur empfehlen: John Coleman – Das Komittee der 300 & E. Carmin – Das schwarze Reich
    Dort können Sie etwas über die wahren Zusammenhänge auf diesem Planeten in Erfahrung bringen.

    Mit Verlaub und herzlichen Grüßen, throne

    1. Danke für das junge Mädchen und das Kompliment bezüglich der Fotos. Ich gebe es zurück – die Bücherrücken entzücken.

      Carmin ist mir in seiner Gesamtwirkung etwas zu besserwisserisch (darin gehen die z.T. wirklich interessanten Informationen und Querverweise unter) und zu – „schwarzmagisch“. Ich werde mal ein Rider-Waite-Tarot legen, diesbezüglich. Coleman habe ich noch nicht gelesen.

      Auch für Sie ein Tipp – vielleicht lesen Sie es sogar im Original? – il pendolo di Foucault von Umberto Eco. Vielleicht verlieben Sie sich dann auch ein bisschen 🙂

      Ebenso herzlich grüßt
      Marie Bastide

  2. Also ich war ja -zugegebenermaßen- eine von denen, die es nicht verstanden haben, warum Obama den Friedensnobelpreis bekommen hat.
    Und angesichts der derzeitigen Situation und Lage bzw. der neuesten Nachrichten aus Amiland ist es für mich noch um Vieles unverständlicher.

    Zurückgeben, ja, das wäre (auch meiner Meinung nach) das einzig Richtige. Aber ich glaube nicht daran, da es ja dann eine Art Zugeständnis wäre, nicht ‚friedlich‘ gehandelt zu haben und genau DAS behaupten die da drüben ja. Für den Frieden gemordet, oh pardon, ich meine getötet! Ist ja ein Unterschied!
    Aber Menschenleben auslöschen, egal was dieser jenige Welche in seinem Leben getan hat, ist für mich einfach keine Friedensaktion!

    Ich bin dafür, dass man den Terror unbedingt bekämpfen muss und auch soll, die Waffenwahl sollte dennoch wohlbedacht sein!
    Und die jubelnden Massen, die wie einen Sieg den Tod eines Menschen feiern, finde ich einfach nur abstoßend und widerlich!

    Wieder liebe Grüße an Dich und danke fürs Teilen Deiner Gedanken,
    Jackie

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