Wir reden viel über selbstbestimmtes Leben. Wir tun alles, um Menschen die Möglichkeit zu geben, so zu leben, wie sie es sich vorstellen. Wie sie es sich wünschen. Aber was tun wir, damit die gleichen Menschen selbst bestimmt sterben können?
Mit dem ersten Atemzug beginnt unser Weg Richtung Tod. Wir haben viel Zeit, und darauf vorzubereiten. Ein ganzes Leben lang. Doch wir verdrängen die Beschäftigung damit, wie wir sterben werden. Aus Angst vor dem Tod. Dabei ist das eine unausweichlich, das andere aber gestaltbar. Kein menschliches Wesen kommt ohne Hilfe auf die Welt. Wie viele sterben Tag für Nacht isoliert in Krankenhäusern, einsam im Altenheim, alleine daheim? Das Aufheben, das wir um ein neues Menschenkind machen, verhält sich umgekehrt proportional zu der Aufmerksamkeit, die wir ihm bei seinem Abschied zuteil werden lassen. Warum? Der Perfektion des Verdrängens zuliebe?
Ich meine, dass sich die Menschlichkeit einer Gesellschaft nicht an der Art und Weise messen lässt, wie der Weg in’s Leben geebnet, sondern daran, wie der Ausgang gestaltet wird. Beispiele davon, wie Menschen menschlich und menschenwürdig sterben, gibt und gab es überall. Je einfacher die kulturellen Strukturen, desto näher am Menschen sind oft der Rahmen und die Begleitung der Sterbenden. Mit der Höherentwicklung und wachsender materieller Orientierung entfremden sich die Kulturen immer mehr von der Natürlichkeit und der immanenten Verbindung von Leben und Tod, und das Sterben als Tor wird auf vielfältigste Art kaschiert.
Ideen, wie wir in Zukunft sterben, wird es geben, solange wir leben. Warum nicht Fantasien daraus machen, die das Sterben als Chance begreifen, Neues und Einmaliges zu er-leben? Eine Chance für die Sterbenden, die immer nur vorausgehen, und für die Begleiter, ihren eigenen Weg zu planen. Tod als Realität, nicht als Bedrohung. Für Gläubige mag das einfacher sein. Aber dann kann das bewusste Miteinbeziehen der eigenen Endlichkeit gerade hier-bezogenen Menschen die kostbare Einzigartigkeit jedes Tages so recht vor Augen führen.