Ich glaube ja nicht an Intuition. Das heißt, ich glaube zwar daran, nehme diesen Glauben aber nicht ernst, in mir, von mir. Deshalb bin ich gestern nach dem windgetriebenen Gang über die Erdbeerwiese ganz bewusst am Spielplatz entlang Richtung Wald gegangen. „Die Mutter auf der Schaukel hat auch kein Problem mit Niklas“, dachte ich und ärgerte mich über meine Furcht. „Mädchen“, schimpfte ich mich. Und lief weiter auf dem geteerten Weg. „Nur das kleine Stück bis zum Feld, und dann am Wiesenrain entlang. Auf der Straße ist die Gefahr, von herabfallenden Ziegeln getroffen zu werden, viel größer“. Dennoch, mein Herz klopfte so laut, dass ich es zu hören meinte. Kurz vor dem alten Steintor, dass verlassen den Anfang der Angerlohe markiert, setze die Böe ein. Fegte von oben in die kahlen Wipfel und schwang sich dann sirrend von Ast zu Ast herab. Die Stämme ächzten, als sei ihre RInde zu eng. Zwei, drei schnelle Schritte, und ich schmiegte mich eng an den schmalen Bogen. Er bot wenig Schutz. Dann kam mein weißer Hund dazu, drückte sich gegen mein Bein und warf mir einen durchdringend kohlschwarzen Blick zu. „Los, lauft!“, rief ich den Hunden zu, dreht mich von dem Steinbogen weg und begann, den Weg zurück zu rennen. Die zwei Hunde stürmten wie Harpien voran. Unmöglich, die Beklemmung zu beschreiben, die mich auf diesen wenigen Metern erfasste. Angst, nackt und kalt. Ein noch nie so erlebtes Gefühl. Und gleichzeitig der Ärger darüber. „Du Weichei“, dachte ich, aber ich musste weiter. Bis zur Wiese. Der Straße. Erst dann blieb der weiße Hund stehen. Drehte sich zu mir um. Und schien zu lächeln.
Heute bin ich über die Erdbeerwiese gegangen, am Spielplatz vorbei und auf dem Asphaltweg in Richtung steinernes Tor. Weit bin ich nicht gekommen. „Niklas“ hat eine riesige Buche gefällt, Stamm und Äste bedecken den Weg und das Tor.
Ich habe ihre letzten Atemzüge gehört, gestern Nachmittag, ich habe ihr Stöhnen gespürt, und für ein paar Sekunden waren wir vielleicht in unserer Angst vor dem Leben verbunden.