Adventskalender Minikrimi vom 14. Dezember


Zartbitter

Zartbitter

„Sie haben eine neue Email“. Schon wieder R. Ella ist verzweifelt. Hört das denn nie auf?  Sie hat doch alles versucht. Alles gemacht. Sogar mehr, als verlangt. Was will T. noch von ihr? „Das ist die letzte Warnung. Wenn du nicht zahlst, bist du dran. Mich betrügst du nicht, und du wirst mich nicht los, bevor du deine Schuld beglichen hast“.

Aber das ist das Problem. Ella ist sich keiner Schuld bewusst. Sie hat T. Beim EInkaufen kennengelernt. Eine Zufallsbekanntschaft an der Kasse. Oder doch nicht so zufällig? Erst hatte sie sie nach einem Euro für den Einkaufswagen gefragt. Dann war sie mit ihr nach Hause gegangen, auf eine Zigarette und ein Glas Wein.

Am nächsten Tag war sie wieder gekommen, weil sie ihr Feuerzeug liegengelassen hatte. Und war gleich zum Essen geblieben. Zum Dank hatte sie angefangen, Ella im Haushalt zu helfen. Kleinigkeiten, ein Korb Bügelwäsche. Oder sie hatte sich angeboten, auf ihre Katze aufzupassen, wenn Ella übers Wochenende beruflich unterwegs war.

Dann fing sie an, Ella Tips zu geben. Was sie essen sollt und was nicht, was ihr gut stehe, was sie lesen und in welche Filme sie gehen sollte. Als sie Ella vorschreiben wollte, wohin sie in Urlaub fahren sollte und wann, wurde es Ella zu bunt. Als T. das nächste Mal anrief, hatte sie keine Zeit. Dann schrieb sie ihr, dass sie sich besser eine Weile nicht sehen sollten.

Das war der Beginn eines Albtraums. T. wusste alles über Ellas Leben, ihre Arbeit, ihre Freunde. Und sie nutzte dieses Wissen. Bald sah Ella sich von einem Netz dunkler Intrigen umgeben. Job, Freunde, plötzlich war alles, was ihr Leben ausmachte, in Gefahr. So, als stünde sie auf einer Wippe über einem Abgrund. Als T. schließlich Geld forderte, Schmerzensgeld für den Verlust einer Freundschaft, war Ella geradezu erleichtert. Sie zahlte. Grundlos  in der Hoffnung, Frieden zu finden. Umsonst. Eine Email nach der anderen. Mit immer weiteren Forderungen. Als Ella nicht mehr reagierte, kamen die Drohungen. Eines Morgens lag die Katze tot vor der Balkontür.

Da beschloss Ella, T. Pralinen zu schenken und sie davon zu überzeugen, dass sie sie trotz allem immer noch wie eine Freundin liebte. Vielleicht würde das funktionieren. Bei psychischen Krankheitn weiß man ja nie….

Sie vergewisserte sich, dass T. das kleine Paket annahm.

Sie wartete. T. war nicht in der Lage, Schokolade zu widerstehen.

Der Rest war Geschichte. Und Arsen.

 

 

 

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