Adventskalender-Minikrimi am 16. Dezember


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Das Ende von Beate U.

„Er hat wieder zugeschlagen. Die gleiche Methode, die gleichen Verletzungen, die gleiche Maske.“ Kommissar Helsink setzt sich rittlings auf den Bürostuhl. Sein Team ist bunt zusammengewürfelt, aus jeder der Städte, in der der Fetischmann seine Spuren hinterlassen hat. „Das stimmt nicht ganz.“ Susanne, die blonde Kollegin aus Hannover, tippt mit dem Laserpointer auf die Fesseln. „Das ist eine andere Marke.“  „Stimmt. Aber was sagt uns das?“ „Abwarten.“

Der Fetischmann findet seine Opfer über Kontaktanzeigen, denen er als einsamer, schüchterner Witwer antwortet. Er lässt sich Zeit, ein, zwei, drei Treffen. Abendessen in teuren Lokalen. Erst dann zeigt er sein wahres Gesicht. Folgt der Einladung zum Kaffee bei ihr zu Hause. Ko-Tropfen, Bettfesseln, Vergewaltigung. Die Frauen sind so traumatisiert, dass sie keine hinreichende Beschreibung des Mannes geben können. Das Auffälligste ist die rote Strumpfmaske, die er sich zum Höhepunkt überstülpt.

Das muss ein Ende haben. Gegen den erklärten Willen von Kommissar Helsink macht Susanne den Lockvogel. Und tatsächlich, nach ein paar kläglichen Fehlstarts mit albtraumartigen Esserlebnissen im Schnellrestaurant, beim Stehasiaten und, ja, an einer Currywurstbude scheint der Fetischmann angebissen zu haben. Er ist erstaunlich unscheinbar, hat gute Manieren und dieses gewisse Lauern im Blick, das beim Dessert zu Susanne hinüber huscht. Nach dem zweiten Date ist sie sich sicher: er ist es. Für das dritte Treffen hat ihr Team ein schlichtes Aparthotel ausgesucht. Und Susanne ein rotes Kleid mit tiefem Dekollete, in dem sie die Wanze gut unterbringen kann.

Es läuft alles wie geplant. Aus Sicht des Fetischmannes. Essen, Trinken, Kaffee. Auf dem Weg ins Schlafzimmer spürt Susanne eine bleierne Müdigkeit. Und das, obwohl sie den Kaffee gar nicht wirklich getrunken hat. Es muss ihr etwas in den Wein gekippt haben. Mist! Dann geht alles ganz schnell. Ein Moment der Unachtsamkeit. Und ehe sie sich’s versieht, hat er die Bondageutensilien ausgepackt. Mit diabolischem Lächeln, so scheint es Susanne, fesselt er ihre Arme und Füße an’s Bettgestell. Und beginnt, sich auszuziehen, die Maske überzustülpen, sich auf sie zu legen. Wenn er in dem Tempo weitermacht, kommen die Kollegen nicht mehr rechtzeitig!

Mit wachsender Verzweiflung wirft Susanne sich auf dem Bett hin und her. Reißt und rüttelt an den Fesseln. Sie weiß aus Erfahrung, dass sie stabil sind. Eine „gute“ Marke. Halt! Vielleicht hat sie doch noch eine Chance. Sie erinnert sich an die Fotos vom letzten Fall. Die Fesseln haben eine Sollbruchstelle. Und genau die nutzt Susanne aus. Ein Ruck, ein Druck – und sie ist frei. Schlägt dem Mann über ihr mit der Faust ins Gesicht, reißt sich auch von den Fußfesseln los und tritt ihn gezielt genau dort, wo es besonders weh tut.

Als die Kollegen kommen, können sie dem Fetischtäter Handschellen anlegen. Echte, diesmal.

„Ich wusste, die Marke macht den Unterschied“, erklärt Susanne später. Erst hat er immer im renommierten Sexladen gekauft. Nachdem der pleite gemacht hat, musste er auf Online-Bestellung umschwenken. Billigware aus China. Sein Pech.

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