Kreuz das trägt


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Das Haus ist noch  im Rohbau. Bislang stehen nur drei Mauern und  ein Paar Zwischenwände. An der offenen Seite ist ein mächtiger Baumstamm wie ein Rückgrat, ein Kreuz, an die Balken gebunden. Frei schwebend lehnen sich die zukünftigen Räume an das alte, starke Holz. Es trägt ihr Werden und ihr Sein.

Das Kreuz ist heute nicht mehr unumstritten als Symbol für Gottes Liebe zu den Menschen durch den Tod und darüber hinaus. Leiden als Grundvoraussetzung für Wohlergehen in der Ewigkeit ist nicht mehr „in“, wo Genuss und Überfluss das Maß unseres Denkens bestimmen.

Ein Gekreuzigter ist kein appetitlicher Anblick, Helikoptereltern können ihren Kindern  nicht erklären, was der Tote am Kreuz mit dem süßen Jesusbaby in der Kindergartenkrippe zu tun haben soll. Und wer will über das Sterben nachdenken, wo  jeder tote Goldfisch oder Hamster oder Hund einfach ersetzt wird?

Andere Religionen empfinden das Symbol des Christentums als Bedrohung, als Verherrlichung von Tod und Brutalität. Und es ist in der Tat ein Kreuz mit dem Kreuz. Warum muss ein allmächtiger Gott seinen eigenen Tod inszenieren und den Sieg über das postulierte Böse, um seine Geschöpfe zum ewigen Leben zu führen? Warum brauchen Menschen einen Stellvertreter als Sündenbock, um von einem Liebenden Vatergott Verzeihung zu erhalten?

Wissenschaft und Forschung bringen immer mehr Licht in die historischen Ereignisse jener Zeit. Der Schauprozess gegen Jesus ist dank der Evangelisten gut dokumentiert, ebenso ist es die Politik der römischen Besatzer. Der Tod am Kreuz war gängige Hinrichtungspraxis, für Verbrecher ebenso wie für Regimekritiker. Jesus ist ihn gegangen. Er hat sich nicht umgedreht und sich nicht umdrehen lassen. Insofern ist er ein Vorbild für alle, die gegen Ungerechtigkeit aufbegehren, bis zu Bonhoeffer, den Geschwistern Scholl und ungezählten Namenlosen. Die Stärke dafür hatte er von Gott, und wir haben sie auch.

Ist Jesus Christus für unsere Sünden gestorben? Oder ist er gestorben, damit wir mit unseren Sünden leben und täglich neu gegen sie ankämpfen können? Mit einem lebendigen Ziel vor Augen?

Mir gefällt die Interpretation eines katholischen Geistlichen vom Symbol des Kreuzes. Sie versöhnt mit mit seiner Sperrigkeit, die nicht anders ist als unser Leben selbst. Der Querbalken zeigt die Verbundenheit Gottes mit der Welt, die er in ihrer Ganzheit umarmt. Der senkrechte Balken symbolisiert die Verbindung von Himmel und Erde. Durch den lebenden, gestorbenen, lebendigen Gott. Dieses Kreuz trage ich gerne, und es hält mich aufrecht auf meinem Weg mit dem Blick nach vorn. Richtung Zukunft.

 

 

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