Der SMS-Adventskrimi. 8. Dezember: Granatenabgang


„Nächster Halt: Alte Heide.“ U-Bahn-Pendler hängen ihren erkalteten Träumen nach, verdösen den grauen Übergang von Nacht und Tag. Er ist hellwach. Und klemmt den Aktenkoffer fester zwischen Popelineärmel und Rippenbogen.

„Nächster Halt: Nordfriedhof“. Wie von unsichtbarer Hand in die Sardinenbox gedrückt pressen sich neue nebelfeuchte Körper in die Bahn. Sie alle haben Ziele. Er auch. Endlich. Wieder.

„Nächster Halt: Dietlindenstraße.“ Nochmal tief den Mief einatmen. Ein letztes Mal, nach 20 Jahren.

„Nächster Halt: Münchner Freiheit. Bitte rechts aussteigen.“ Auch wenn er wollte, es gibt kein Zurück. Ein Lemming unter seinesgleichen, strebt er dem Ausgang zu. Über die Ampel. Durch das Tor. Die Treppe rauf. Die Aktentaschenlasche hebt sich wie von selbst. Er zieht den Zünder. „Mein Rauswurf war granatenmäßig, Chef!“ ruft er noch aus dem Treppenhaus.

„Nächster Zug U6 nach Garching. Vorsicht bei der Einfahrt, bitte.“ Er steigt in den leeren Zug. Kein Pendler mehr.

Der SMS-Adventskrimi. 7 Dezember: Schneekönigin 2010


Rotglänzend und unübersehbar steht er vor dem Brandenburger Tor. 570 Pferde ziehen ihren Schlitten. Sie ist die Königin des Winterplatzes. Weißer Nerz spielt mit den Lichtern auf den schwarzen Locken, zarte Flocken tupfen ihre Wimpern.

Zu schön für einen Einzigen. Ihr warmes Lächeln nährt in Tausend Augenpaaren heiße Glut. In geiler Lust umtanzen sie die Objektive. Schießen sie rund um den Globus.

Sie findet ihn hinter der Blitzlichtmauer, Verlangen in der blassen Hand. Mit abgewandtem Blick kredenzt er ihr den schmalen Kelch. Sieg und Verlust in einer letzten reichen Geste. Ein Schluck nur und ihr Bild gehört ihm ganz allein.

Tag steht Kopf


…vor dem siebten Türchen mal was Lyrisches 🙂

Der Tag steht Kopf.  Auf klarblau bewegtem Meer ziehen graugeschäumte Wolkenwellen gelbe rosa Schweife hinterher.

Am Himmelsufer stehen Dächer rot in weißen Socken, Tannenspitzen kitzeln ihren Saum. Aus Fenstern Türen Toren streben Schritte ins Unendliche.

Heute hebt das Licht die Grenzen auf.

Der SMS-Adventskrimi. 6. Dezember: Eingesackt.


„Wie süß! Der Chef schickt uns nen Nikolaus in den Laden! Hallo, lieber Nikolaus!“

Behäbig schiebt sich der dicke Mann in den Juwelierladen, die Glöckchen an seinem Stab bimmeln mit der Tür um die Wette.

„Hohoho….wart ihr auch alle brav?“

„Klar doch, wir haben heute ganz besonders viel Umsatz gemacht. Muss ja was rein in die Socken der Liebsten.“

„Schön schön schön. Dann macht mal schnell die Kasse auf – und rein in den Sack mit den Moneten. Und die ganzen Klunker hier noch dazu.“

Der Nikolaus leert seinen Sack auf den Boden – heraus purzeln Nüsse und Äpfel – und verleiht seinen Worten mit einer Beretta 92 FS Nachdruck.

„Haltet den Dieb! Stoppt den Nikolaus!“ Doch keiner nimmt die Rufe ernst. Am wenigstens die zwei, drei Dutzend Nikoläuse, die sich, schwer bepackt, auf der Fußgängerzone tummeln.

Der SMS-Adventskrimi. 5. Dezember: Das Trüffelschwein


Ein schöner Nachmittag! Endlich wieder blauer Himmel. Sieht gut aus, die Sonne auf dem Schnee. Schade,dass es morgen wieder regnen wird. Naja, alles ist vergänglich. Auch die Sorgen. Schon crazy. Da lebe ich auf Pump in Noahs Abstellkammer. Fahre schwarz mit der U-Bahn zur Arbeitsagentur. Mein Porsche rostet abgemeldet in der undichten Garage. Nur, weil die letzte Wette danebenging. „Junge, als Finanzexperte findest du mein kleines Vermögen lächerlich. Trotzdem wirst du es erben, einmal. Weil du mir immer Trüffelkonfekt bringst“. Heute, Tante Jule….!

SMS-Adventskrimi. 4. Dezember: Enthüllt.


Gereizte Frage, die Stimme gepresst: „Und woran erkenne ich, dass die Unterlagen echt sind?“

„An den Reaktionen, sobald die Dokumente online sind. Ne Atombombe is n Knallfrosch, dagegen.“ Flaches Flüstern, heiseres Lachen.

„Ok. Laden Sie sie hoch.“ Stress.

„Nein. Sie klingen blass. Auf der Flucht sein macht mürbe. Meine Informationen können Sie retten. Ich warte auf Sie.“ Seltsames R.

„Nein…. Ja….. Wo?“ Verunsicherung. Wut.

„St. Nicholas, um 12 Uhr Mittag.“ Kühle Anweisung.

„Auf dem Spielplatz? Na gut.“ Erleichtert.

Brighton. Kind ersticht Mann im Sandkasten. War der Täter ein Lilliputaner?

Sarrazin oder die Sache mit den Genen


Die Medienwelt ist ja sehr schlicht gestaltet. Einschaltquoten und Auflagenzahlen regieren die Titel. Und Thilo Sarrazin bringt beides. Wir können ihm seit Erscheinen seines Buches nicht entrinnen. Auf jeder Frequenz und aus jedem Blatt schallt uns der Name entgegen. Ist ja auch wohlklingend. Sarrazin. Woher kommt der eigentlich? Der „Stern“ hat letztes Jahr recherchiert, dass der Banker und vielleicht bald Ex-SPDler einer sabäischen Familien entstamme, die über Nordafrika und Spanien nach Frankreich gelangt sei und sich dort mit Hugenotten „vermischt“ habe. Und legt für „sarrazin gleich sarrasin“ zwei Namensbedeutungen nahe. Erstens: eine Person, die zur muslimischen Bevölkerung des Mittelalters gehörte, zweitens:  Buchweizen. Gleich, für welche der beiden Bedeutung man sich entscheidet: genetisch einwandfrei ist das alles nicht. Na und? Weiterlesen „Sarrazin oder die Sache mit den Genen“

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